Satire über den Erfurter Amoklauf
Eine Passage verletzt die Menschenwürde der Opfer
Eine Satire-Zeitschrift widmet dem Amoklauf in Erfurt und der Reaktion der Gesellschaft darauf eine ganzseitige Betrachtung unter der Überschrift „Robert sieht rot oder Die Geschichte vom tapferen kleinen Schulschwänzer“. Dem Menschenschlag dort, schreibt der Autor, habe seit 100 Jahren keine einzige bedeutende Persönlichkeit hervorgebracht, nicht mal einen ostdeutschen Stimmungssänger. Sogar ihren Bürgermeister und ihren Ministerpräsidenten hätten sich die Erfurter aus dem Westen holen müssen. An anderer Stelle steht geschrieben: „Kerle wie Robert, dieser tapfere kleine Schulschwänzer, geben dem Gemeinwesen das gewisse Etwas. Sie schaffen mit einer Magazinfüllung, was diverse Bundespräsidenten mit ihren Fensterreden nie auf die Reihe kriegen. Da geht ein Ruck durch Deutschland – vom Kanzler abwärts.“ Manfred Ruge, der Oberbürgermeister von Erfurt, bringt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat zum Ausdruck, dass er den Beitrag für blasphemisch, niederträchtig und menschenverachtend hält. Der Duden definiere Satire als ironisch-witzige literarische oder künstlerische Darstellung menschlicher Schwächen und Laster. Damit habe der Beitrag jedoch gar nichts zu tun. Die Presse habe eine Verantwortung gegenüber den sechs minderjährigen Kindern der Erschossenen. Der Beschwerdeführer teilt mit, dass heute für die betroffenen Schüler und Lehrer der Schule ein traumatologisches Nachsorgeprogramm durchgeführt werde. Gleichzeitig stellt er die Frage, was wohl die Betroffenen über Worte wie „Die Geschichte vom tapferen kleinen Schulschwänzer“, die Unterzeile des Artikels, denken. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, dass die Vorwürfe sehr allgemein gehalten seien und eine subjektive Betroffenheit darstellten. Der Artikel sei aus einer satirischen Sicht geschrieben. So sei z.B. gerade die Unterzeile eine ironische Umkehr. Eine menschenverachtende Haltung sei nicht zu erkennen. Für bestimmte Unkorrektheiten, z.B. dass der Beschwerdeführer aus dem Westen über Erfurt gekommen sei, trage man die Verantwortung und entschuldige sich in aller Form. (2002)