Schießsport und Olympia
Sportjournalist sieht Schützen fern von olympischen Friedensgedanken
Unter der Überschrift „Rauchende Colts“ berichtet eine Tageszeitung über den Schießsport bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney. Der Autor kritisiert in dem Artikel, dass solche Wettbewerbe der Sportschützen nur noch wenig mit dem olympischen Gedanken zu tun haben. Wörtlich schreibt er: „ Ihrem Sport gehen fast alle Charakterzüge ab, die das olympische Ideal verkörpern. Der Schießwettbewerb stellt keine Anforderungen an die Athletik der Teilnehmer, so dass auch Sportler mit Übergewicht oder im Rentenalter beim Treffen der Weltjugend konkurrenzfähig werden. Ihr präziser Umgang mit der Pistole oder dem Gewehr entfernt sie so weit vom Friedensgedanken der Spiele, dass selbst Mike Tyson dem Pazifismus fast näher steht.“ Der Artikel beschäftigt sich auch mit der Werbung der Waffenhersteller im Umfeld der Wettbewerbe. So zeige ein Katalog der Firma Beretta, der in Hollywood-Krimis schon mal Erwähnung finde, wenn das FBI den Verantwortlichen für ein Gemetzel aufzuspüren habe, auf 113 Seiten das gesamte Arsenal des traditionsreichen Hauses. „Neben Sportschützen wären auch Wehrsportgruppen vom Angebot begeistert.“ Beim Deutschen Presserat gehen drei Beschwerden gegen diese Veröffentlichung ein. Ein Sportschütze sieht in dem Beitrag eine Stimmungsmache und äußert Empörung und Bestürzung. Der Autor stelle Sportschützen als „Waffennarren“ dar und entblöde sich nicht, einen Mike Tyson, der bekanntermaßen als Vergewaltiger rechtskräftig verurteilt sei, als dem Pazifismus näher stehend zu charakterisieren und die Sportschützen mit Wehrsportgruppen auf eine Stufe zu stellen. Ein anderer Leser des Beitrages spricht dem Verfasser jegliche Fachkenntnisse ab. Dieser setze das olympische Ideal unterschwellig mit dem makellosen jugendlichen Athletenideal einer längst überwundenen Epoche gleich. Der Artikel äußere sich abwertend und verächtlich über Körpergewicht, Alter sowie über angeblich vorhandene Defizite, Mängel und Gebrechen verschiedener Sportschützen. Der Beitrag sei ein Hetzartikel gegen den Schießsport und diskriminiere zudem den Behinderten- und Seniorensport. Der dritte Beschwerdeführer gesteht, dass er kein Sportschütze sei. Aber die Art, wie in dem vorliegenden Beitrag über Menschen hergezogen werde, deren Freizeitbeschäftigung dem Autor wohl nicht in den Kram passe, könne er nicht unkommentiert lassen. Allein die Tatsache, dass der Bericht über eine olympische Sportart mit „Rauchende Colts“ überschrieben worden sei, sei der beste Beweis für eine mangelhafte Beschäftigung mit der Materie und lasse vermuten, dass hier nicht allein informelle, sondern auch persönliche Defizite vorlägen. Der stellvertretende Leiter des Sportressorts weist den Vorwurf der Hetze und Diskriminierung zurück. Er erklärt, der Beitrag sei zwar kritisch, aber nicht unzulässig. Der Autor dürfe sich die Frage stellen, ob bei Olympischen Spielen, die am Geist junger Menschen ausgerichtet sein sollten, Waffendisziplinen vertreten sein sollten. Auch dürfe er frei kritisieren, dass der Schießwettbewerb keine Anforderung an die Athletik der Teilnehmer stelle und insoweit auch schwergewichtige Personen teilnehmen könnten. (2000)