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Lügengeschichten

Versuche mit Pferden und Kampfshows mit Kängurus frei erfunden

Eine Zeitschrift berichtet unter der Überschrift „Pferden bei lebendigem Leib die Knochen gebrochen“ über angebliche Experimente mit Pferden in einem Geheimlabor in Spanien. Wegen der ständig wachsenden Zahl der Rentner und der Gesundheitsreform seien rezeptfreie Cremes, Salben und Pillen gegen brüchige Knochen (Osteoporose) einer der letzten „Hits“ auf dem Pharmamarkt. Weltweit komme deshalb fast jede Woche ein neues Präparat auf den Markt. Die Paste diene hier in Spanien als Rohstoff für ein weiteres Mittel gegen brüchige Knochen, und „getestet“ werde ganz einfach, wie stabil die Pferdeknochen durchs Einreiben geworden seien. 1000 Pferde würden hier pro Monat zu Tode gequält. Ohne Betäubung würden die hilflosen Tiere in Stahlgestelle gezwängt. Mit Eisenstangen zertrümmerten so genannte Medizin-Forscher brutal ihre Beine. In der nächsten Ausgabe schildert die Zeitschrift unter der Überschrift „Kängurus bei grausamen Kampfshows blutig zerfleischt“, wie in Australien Kängurus bei so genannten Box-Events bestialisch abgeschlachtet werden. Mit Äxten und Schlachtermessern bewaffnete „killing men“ treten in einer Art Boxring zum unfairen Kampf gegen die friedlichen, aber mit Drogen aufgeputschten Tiere an und metzeln sie gnadenlos ab, heißt es in dem Artikel. Der Autor könne eindeutig nachweisen, dass das Fleisch der so furchtbar ermordeten Tiere am Ende in Dosen auch noch verkauft werde. Dieser entsetzliche Massenmord sei ein Schlag ins Gesicht aller Tierfreunde. Die Welttierschutzgesellschaft berichtet dem Deutschen Presserat, sie habe mehrfach versucht, Kontakt mit der Redaktion der Zeitschrift aufzunehmen und weitere Informationen zu den geschilderten Vorgängen zu erhalten. Dies sei jedoch bislang nicht gelungen. Weder die spanische noch die australische Mitgliederorganisation der Gesellschaft sei über Vorkommnisse der geschilderten Art informiert. Daraus schließe man, dass die Aussagen der Veröffentlichungen ganz oder teilweise unwahr seien. Die Gesellschaft führt daher Beschwerde, in der sie vor allem auch die Illustrationen der Beiträge als unangemessen grausame Darstellungen beanstandet. Die Rechtsvertretung des betroffenen Verlages teilt mit, dass sie zu der Beschwerde nicht Stellung nehmen wird. Der Presserat bemüht sich um eine Aufklärung des Sachverhalts. Der Deutsche Tierschutzbund erklärt, solche Vorgänge wie die in den Beiträgen geschilderten seien ihm nicht bekannt. Auch die jeweils zitierten Experten seien unbekannt. Ähnlich äußert sich Greenpeace auf eine entsprechende Anfrage. Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller beantwortet eine Anfrage mit der Feststellung, dass auch ihm keine Erkenntnisse über die beschriebenen Experimente an Pferden vorliegen. Zwar könne man die geschilderte Methode nicht näher bewerten, grundsätzlich sei man jedoch der Auffassung, dass die in dem Beitrag geschilderten Versuche keine solide experimentelle Vorgehensweise zur Entwicklung von Mitteln gegen Osteoporose seien. Wie die Experimente beschrieben würden, seien aus ihnen keine wissenschaftlich fundierten Aussagen zu gewinnen. Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie ist der Meinung, dass die geschilderten Experimente mit Pferden wissenschaftlich gesehen nicht geeignet seien, Mittel zur Behandlung von Osteoporose zu testen. Weder Wirksamkeit noch Erfolge in der Therapie könnten so nachgewiesen werden. Solche Versuche seien sinnlos, da sie nicht zu standardisieren und somit die Ergebnisse nicht reproduzierbar seien. Ein ernsthafter pharmazeutischer Unternehmer würde solche Experimente nicht im Tierversuch einsetzen. Eine Rückfrage bei einem Mitgliedsunternehmen, das Arzneimittel zur Behandlung von Osteoporose vertreibe, habe diese Auffassung bestätigt. (2000)