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Esoteriker beim Namen genannt

Personenbezogene Daten einem Flugblatt entnommen

Unter der Überschrift „Gutbürgerliche im Dämmerlicht“ veröffentlicht eine Lokalzeitung einen kritischen Bericht über einen Verein und dessen esoterisches Zentrum in einer Ortschaft der Region. Sie erwähnt, dass sich die Vereinsmitglieder dort treffen, um die Stimme „Boaos“ zu hören, der eine apokalyptische Zukunft verheiße. Beispielhaft werden einige Vorhersagen „Boaos“ dargestellt und es wird berichtet, dass diese als Prognosen des „Instituts für Mediale Zukunftsforschung“ dokumentiert werden. Zitiert werden sowohl positive Äußerungen von Mitgliedern des Vereins als auch skeptische Meinungen von Außenstehenden. Unter vollständiger Nennung der Namen und unter Angabe hauptberuflicher Tätigkeiten werden der Leiter des esoterischen Zentrums und andere in verantwortlicher Position dort tätige Personen erwähnt. Drei der Betroffenen beanstanden in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat Eingriffe in ihr Persönlichkeitsrecht und eine Diffamierung ihrer Bekenntnisse. Die Reporter der Zeitung hätten ihrer Bitte, auf Namensnennungen zu verzichten, nicht entsprochen. Zitate aus Veröffentlichungen von Prognosen des Vereins seien sinnentstellend wiedergegeben worden. Durch das Unterlassen eines Hinweises darauf, wie wenig genau kurzfristige Voraussagen sein könnten, gebe die Zeitung den von ihr zitierten Prognosen einen völlig anderen Sinngehalt und verfälsche deren Aussage. Eine Beschwerdeführerin, die in dem Zentrum Kindererziehung lehrt und Eltern berät, sieht insbesondere ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Ihre persönlichen Daten seien marktreißerisch und sensationslüstern bekannt gegeben worden. Durch die Bezeichnung „Anhänger“ werde das Zentrum mit Sekten in Verbindung gebracht. Es handele sich dabei jedoch um einen Verein, der ein Seminarhaus betreibe und verschiedenen Referenten die Möglichkeit biete, Seminare in eigener Verantwortung durchzuführen. Insgesamt handele es sich bei der Veröffentlichung um eine Diffamierung von Personen und Institutionen, Täuschung der Öffentlichkeit und Verletzung der Menschenwürde in erheblichem und besorgniserregendem Ausmaße. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, sie habe mit ihrem Beitrag nicht für das „Zentrum“ werben, vielmehr den Leserinnen und Lesern aus gebotener Distanz eine Einordnung ermöglichen wollen. Die Namen der genannten Mitglieder des Vereins seien in einem Prospekt mit der Überschrift "Wir hören die Botschaften der geistigen Welt" nachzulesen. Mit diesem Flyer würden die Betroffenen unter Angabe ihres vollen Namens und ihrer beruflichen Tätigkeit werben. Aus den „Boao“-Botschaften sei eine repräsentative Auswahl getroffen worden, die Veröffentlichung aller 167 Prognosen entspreche nicht journalistischen Gepflogenheiten. Die Darstellung der Berufe sei auch nicht „marktreißerisch-sensationslüstern“. Sie dokumentiere vielmehr, aus welcher gesellschaftlichen Schicht die Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft kommen. (2003)