Vorverurteilung
Verdächtiger Taxifahrer wird erkennbar als Vergewaltiger hingestellt
„Das Doppelleben des Taxi-Monsters“ betitelt eine Boulevardzeitung ihren Bericht über die Festnahme eines Mannes, dem vorgeworfen wird, in seinem Taxi brutal eine junge Frau vergewaltigt zu haben. Die Zeitung zeigt ein Foto des Mannes, nennt Vornamen und Initial des Nachnamens, gibt sein Alter an, beschreibt ihn als kleinen, korpulenten Spanier und erwähnt, wo er wohnt. Tagsüber habe er für eine Sicherheitsfirma gearbeitet, nachts ein Taxi gefahren. Seine Ehefrau sei Krankenschwester. Der Anwalt des Betroffenen beschwert sich beim Deutschen Presserat. Nach seiner Ansicht wird das Persönlichkeitsrecht des Verdächtigen sowie das seiner Ehefrau verletzt. Die detaillierten Angaben zur Person machten das Ehepaar identifizierbar. Zudem werde der Mann vorverurteilt, da der Artikel den Eindruck erwecke, er sei bereits der Tat überführt. Die Redaktionsleitung beruft sich auf Auskünfte der Ermittlungsbehörden. Diese hätten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keinen Zweifel daran gelassen, dass der Täter gefasst sei. Auf Grund der auffälligen und entstellenden Zahnlücke auf dem Phantomfoto sei der Gesuchte nicht nur in ihrer Zeitung, sondern auch in anderen Publikationen allgemein als „Taxi-Monster“ bezeichnet worden. Zwischenzeitlich sei der Beschuldigte aus der Haft entlassen worden. Das Gericht gehe davon aus, dass bei der Identifizierung den Ermittlern ein Fehler unterlaufen sei. (2001)