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Namensnennung bei Bewerbungen

Personalangelegenheiten einer Stadt sind von öffentlichem Interesse

Eine Lokalzeitung berichtet in verschiedenen Artikeln über Personalien bzw. Personalauswahlverfahren innerhalb der Stadtverwaltung. Teilweise werden dabei die vollen Namen von Bewerbern genannt. In anderen Fällen werden die Nachnamen abgekürzt, jedoch Alter und Details zum beruflichen Werdegang veröffentlicht. Die Pressesprecherin der Stadt reicht eine Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Nach Ansicht der Stadtverwaltung ist es nicht gerechtfertigt, die Bewerber in der Berichterstattung identifizierbar zu machen. Die Beschwerdeführerin beanstandet ferner, dass in einem Fall unter Nennung von Name und Funktion über eine Kündigungsabsicht berichtet worden sei, obwohl der Hauptausschuss der Stadt einen entsprechenden Beschluss noch nicht gefasst hatte. Die Sitzungsdrucksache sei einen Tag vor Veröffentlichung noch maßgeblich verändert worden, so dass die Zeitung in einem entscheidenden Punkt auch noch falsch berichtet habe. Die Chefredaktion der Zeitung vermutet, dass der Bürgermeister mit seiner Beschwerde den Versuch unternehme, die Lokalredaktion für ihre kritische Berichterstattung über die Stadtverwaltung und die Kommunalpolitik zu disziplinieren. Die Bewerbungssituation für steuerfinanzierte Stellen der öffentlichen Verwaltung sei für die Bürger von herausragender Bedeutung. Deshalb sei es für die Zeitung selbstverständlich, dass sie darüber berichte. Dabei hätten die Leser sehr wohl einen Anspruch darauf, schon im Verlauf des Bewerbungsverfahrens und nicht erst nach der Anstellung unterrichtet zu werden. Für die Wahrung der Vertraulichkeit des Bewerbungsverfahrens sei ganz sicher die ausschreibende Stelle, aber wohl kaum die örtliche Zeitungsredaktion verantwortlich. Interessen des Persönlichkeitsschutzes allgemein versuche die Redaktion nach Möglichkeit durch Anonymisierung gerecht zu werden. Die Berichterstattung über die anstehende Kündigung des Geschäftsführers eines Tochterunternehmens der Stadt habe zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht nur dem Kenntnisstand der Redaktion entsprochen, sondern auch dem Stand der politischen Diskussion Dass später anders entschieden worden sei, könne keinen Anspruch darauf begründen, dass man mit der Berichterstattung immer so lange warte, bis eine offizielle Entscheidung getroffen worden sei. (2001)