Falschmeldung im Redaktionsarchiv
Einem Angeklagten wird ein falscher Tatvorwurf gemacht
Eine Lokalzeitung kündigt ein neuerliches Gerichtsverfahren gegen drei Männer und eine Frau an, denen vorgeworfen werde, im Zeitraum von 1986 bis 1989 in einem früheren Kinderheim für schwer Erziehbare mindestens neun Kinder und Jugendliche mit Peitschenhieben, Stockschlägen, Fußtritten, Arrest in einer Kellerzelle, Züchtigung durch Kniebeugen und Stillstehen sowie sexuelle Übergriffe drangsaliert zu haben. In einem Verfahren im Jahr 2000 habe das Landgericht zu Gunsten der Angeklagten entschieden, indem es festgestellt habe, dass die Straftaten, die dem Quartett zur Last gelegt werden, verjährt seien. In einem Revisionsverfahren habe jedoch der Bundesgerichtshof entschieden, dass in keinem Fall eine Verjährung eingetreten sei. Die betroffenen Lehrer und Erzieher werden mit vollständigen Namen genannt. Auf einen der Angeklagten geht die Zeitung näher ein. Sie erwähnt, dass er bis zum Vorjahr in seiner Heimatgemeinde des Amt des stellvertretenden Bürgermeisters bekleidet und den Ausschuss für Kultur und Soziales geleitet habe. Der Anwalt des letztgenannten Beteiligten kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Nennung des Namens seines Mandanten. Diese sei nicht gerechtfertigt, da der Tatvorwurf einen Sachverhalt zum Inhalt habe, der in keiner Beziehung mit der Tätigkeit des Betroffenen nach 1990 als Beigeordneter der Stadt stehe. Der Anwalt moniert ferner, die Zeitung ordne seinem Mandaten falsche Tatvorwürfe zu. Ihm werde lediglich vorgeworfen, einen damals 16-jährigen Jugendlichen aus seinem Unterricht verwiesen und ihm bei dieser Gelegenheit eine Platzwunde am Kopf zugefügt zu haben. Die Chefredaktion der Platzes räumt die falsche Wiedergabe des Tatvorwurfs in der Berichterstattung über das erste Gerichtsverfahren ein. Dieser Fehler beruhe auf einem falschen Aushang der Justizverwaltung im Ort. In dieser Angelegenheit habe man bereits eine Gegendarstellung veröffentlicht. Dass der selbe Fehler auch in der Berichterstattung über die Neuverhandlung gemacht worden sei, liege daran, dass die verantwortliche Redakteurin bei der Berichterstattung auf das Archiv zugegriffen und den darin enthaltenen Fehler wiederum übernommen habe. Da ihr der Fall nicht bekannt gewesen sei, sei ihr der Fehler auch nicht aufgefallen. (2002)