Entscheidungen finden

Einseitige Darstellung

Nicht hinterfragt, warum ein Lehrer ein Flugblatt verteilt hat

„Schüler klagt: Das war Rassismus im Unterricht“ lautet die Schlagzeile einer Lokalzeitung. Sie berichtet über die Reaktion eines 18-jährigen Iraners auf ein Flugblatt, das sein Geographielehrer als Diskussionsgrundlage im Unterricht verteilt hatte. Das Blatt zeigt einen Zug, vollbesetzt mit Indern, die sich auch von außen an die Lok und die Waggons klammern. Die Bildunterzeile lautet: „Die ersten indischen Softwarespezialisten sind gestern im Luzerner Hauptbahnhof eingetroffen. Darunter auch der berühmte Hattemal Fatalerror (12. von rechts, lächelnd) sowie sein Freund Hitt Annikai Tukontinnju (75. von links, winkend).“ Und weiter heißt es: „Jungs, wirklich schön, dass ihr da seid.“ Der betroffene Lehrer sieht sich in seiner Ehre verletzt und ruft den Deutschen Presserat an. Er kritisiert die Nennung seines Namens sowie sachlich falsche Aussagen. Die Chefredaktion der Zeitung berichtet, dass die Berichterstattung auf einer öffentlichen Fragestunde des Stadtrates beruhe. Der Vater eines Schülers habe darin den Fall offen gelegt und auch den Namen des betreffenden Lehrers genannt. Vor der Veröffentlichung des Beitrags habe die Redaktion sowohl den Lehrer als auch den Schulleiter gehört. Der Artikel habe eine breite öffentliche Diskussion bewirkt, der die Redaktion auf einer kompletten Leserbriefseite Raum gegeben habe. Die Nennung des Namens sei aus Sicht der Redaktion zwingend gewesen, weil sonst gesamte Kollegien oder die gesamte regionale Lehrerschaft betroffen gewesen wäre. Entgegen einer Mitteilung des Beschwerdeführers, wonach sein Vorgehen von der Schulaufsicht gutgeheißen würde, habe die Schulaufsicht dem Lehrer schriftlich mitgeteilt, dass sie den Fall als Dienstvergehen werte. (2001)