Historische Vorgänge
Die zunehmende Akzeptanz spiritueller Bewegungen und esoterischer Zirkel in der bundesdeutschen Gesellschaft bietet einem Nachrichtenmagazin Anlass zu einer Titelgeschichte unter der Überschrift »Soviel Psi war nie«. Der Beitrag greift u. a. auf die Entstehung der theosophischen Bewegung im letzten Jahrhundert zurück. Zum Charakter dieser Bewegung schreibt die Zeitschrift, sie sei synkretistisch und als Treuhänder des »Wahrheitskerns aller Religionen« in elitären Zirkeln organisiert gewesen. Weiter heißt es, dass sich »aus rassistischem Elitebewusstsein begründete faschistoide Tendenzen bei manchen Theosophen« bis in gewisse esoterische Kreise heutiger Tage erhalten hätten. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beklagt eine Theosophische Studiengruppe eine Verunglimpfung der Theosophie. Insbesondere weist sie die Behauptung als falsch zurück, bei manchen Theosophen seien faschistoide Tendenzen festzustellen. Vielmehr seien die Theosophen während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt worden, alle theosophischen Vereine etc. seien verboten worden. Die theosophische Bewegung sei damals wie heute unpolitisch. Der Beschwerdeführer sieht in der Berichterstattung eine Verletzung der Sorgfaltspflicht der Presse. Die Chefredaktion des Magazins weist darauf hin, dass sie den Theosophen nicht unterstellt habe, sie seien rechtsradikal aktiv. Der Artikel stehe auch nicht im Widerspruch zum Schicksal der Theosophen während der Zeit des Nationalsozialismus. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer beanstandeten Passage »Aus rassistischem Elitebewusstsein begründete faschistoide Tendenzen bei machen Theosophen haben sich bis in gewisse esoterische Kreise heutiger Tage erhalten« verweist die Redaktion auf wissenschaftliche Literatur. Diese dokumentiert und Überliefert die in der genannten Passage enthaltenen Aussagen. Unter Verweis auf verschiedene Belegstellen in der Literatur ließen die Schriften der Russin Helena Petrowna Blavatsky, mit der die Entfaltung der Theosophie im 19. Jahrhundert eng verbunden sei, rassistisches Elitebewusstsein und einen Anspruch der Theosophen auf Führerschaft erkennen. Außerdem enthielt sie »rassenhygienische« Überlegungen. Aufgrund dessen hält die Chefredaktion die Bezeichnung »faschistoide Tendenzen« in bezug auf »manche Theosophen« für gerechtfertigt. Zum Beleg der Aussage, dass sich faschistoide Tendenzen bis in gewisse esoterische Kreise heutiger Tage erhalten hätten, führt die Redaktion den theosophischen Autor Charles W. Leadbeater als sog. Klassiker der Esoterik an. Dieser habe in seinen Schriften das Aussterben der Naturvölker zur »karmischen Unvermeidbarkeit« erklärt, da die germanisch-nordische Rasse als höher entwickelte Seelen bereits Über diese hinweg geschritten seien. Auf diese Weise werde in Esoterik-Kreisen auch der Holocaust gerechtfertigt. (1995)