Entscheidungen finden

Roma mit bissigen Hunden

Hinweis auf ethnische Zugehörigkeit wäre nicht erforderlich gewesen

Zwei Bullterrier-Mischlinge versetzen die Menschen in ihrer Umgebung in Angst. Einer der Hunde beißt einen Fußgänger in die Wade, und einer Frau, die ihren Pudel spazieren führt, wird der Ärmel zerfetzt. Ein Anwohner fühlt sich so sehr bedroht, dass er das Ordnungsamt informiert. Die Zeitung am Ort berichtet über dessen Einsatz, der mit einer Ermahnung der Hundehalter endet. Dabei erwähnt sie, dass es sich bei den Betroffenen um eine Roma-Familie handelt. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hält diesen Hinweis für überflüssig, spricht von der Stigmatisierung einer Minderheit und fordert den Deutschen Presserat auf, diesen Missbrauch der Pressefreiheit zu rügen. Die Chefredaktion der Zeitung führt zwei Gründe an, welche die Identifizierung der Hundehalter als Roma-Familie ihrer Meinung nach notwendig machten. Zum einen hätte geklärt werden müssen, wem die Hunde überhaupt gehören. Den Behörden seien immer wieder die unterschiedlichsten Ansprechpartner als Besitzer genannt worden, bis sich herausstellte, dass die Tiere Gemeinschaftsbesitz einer Großfamilie sind. Dieser Umstand werde erst verständlich, wenn man wisse, dass es sich um eine Roma-Familie handele. Zum anderen liege im Bereich des „Tatortes“ eine große Obdachlosenunterkunft, in der immer wieder verschiedene Probleme aufgetreten seien. Um bei dem vorliegenden Tatbestand Verwechslungen mit anderen Vorgängen und Bewohnern zu vermeiden, habe die Hundehalter-Familie näher beschrieben werden müssen. (1997)