Clinton-Flirt mit Tänzerin
Irreführung nur auf den ersten Blick
Die vermeintliche Sex-Affäre des amerikanischen Präsidenten Bill Clinton und die dadurch verursachte politische Krise sind Thema eines Magazinberichts. Die Zeitschrift veröffentlicht Fotos von Monica Lewinsky, Paula Jones und Gennifer Flowers mit z.T. deutlichen Hinweisen auf die sexuellen Aktivitäten des Präsidenten. In diesem Zusammenhang wird auch ein Bild Bill Clintons mit der Unterzeile gezeigt: “Musical-Besucher Clinton, Broadway-Tänzerin in New York: Jeden Tag neue Details, neue Merkwürdigkeiten”. Das Foto vermittelt auf den ersten Blick den Eindruck, Bill Clinton flirte mit der Tänzerin rechts im Bild. Ein Leser der Zeitschrift moniert das Foto in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat als unseriöse Berichterstattung. Der Leser, der die Zeitschrift einfach nur durchblättere, um sich zu orientieren, werde, wenn er den Bildinhalt nicht genau überprüfe, irrgeführt. Man gewinne den Eindruck, dass sich beide Blicke begegnen. Erst auf den zweiten Blick erkenne der geschultere Betrachter, dass es sich um eine Aufnahme mit einem Teleobjektiv handele. Bill Clinton ist scharf, die Tänzerin rechts ist unscharf abgebildet. Hieraus könne entnommen werden, dass die Tänzerin nicht neben Bill Clinton, sondern deutlich hinter ihm stand. Nach Ansicht des Beschwerdeführers wird eine Nachricht durch ein geschickt ausgewähltes Foto glaubwürdig gemacht, das den Inhalt der Nachricht gerade nicht bestätigt. Das Foto hätte als Symbolfoto entsprechend gekennzeichnet werden müssen. Die Redaktion führt aus, die Aufnahmetechnik des Clinton-Bildes sei vom Beschwerdeführer korrekt beschrieben worden. Das Bild wurde in einem Broadway-Theater mit einer sehr langen Brennweite fotografiert. Eine Irreführung hält die Redaktion allerdings für ausgeschlossen. Schon durch die dreispaltige Aufmachung werde sofort offenkundig, dass die abgebildeten Personen auf unterschiedlichen Ebenen stehen und aneinander vorbei sehen. Auch die Bildunterschrift ändere nichts an dieser Bedeutung. Die Beschwerde sei allerdings Anlass gewesen, innerhalb der Redaktion die Frage des guten Geschmacks zu erörtern. Als Ergebnis räumt sie selbstkritisch ein, dass die Wahl dieses Fotos für den konkreten Textzusammenhang nicht glücklich gewählt war. Insoweit wird dem Beschwerdeführer in seiner Kritik Recht gegeben. (1998)