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Sporttrainer in der Kritik

„Selbstbedienungsladen“ zulässige Wertung der Redaktion

Eine Tageszeitung beschäftigt sich in einer Vielzahl von Artikeln mit den Querelen um die Person eines ehemaligen Bundestrainers der deutschen Fechter. Dieser beschwert sich darüber beim Deutschen Presserat. Insbesondere kritisiert er die Nichtbeachtung der journalistischen Sorgfaltspflicht und Verstöße gegen sein Persönlichkeitsrecht. Im Vorverfahren beurteilt der Presserat den Großteil der in den Artikeln veröffentlichten Aussagen als zulässige Einschätzungen bzw. Rechercheergebnisse der Redaktion. Er konzentriert sich daher nur auf vier Punkte: Der Beschwerdeführer beklagt die nach seiner Ansicht falschen Behauptungen hinsichtlich des Materialgeldes. In diesem Zusammenhang führt er an, dass den B-Kader-Fechtern kein Materialgeld zusteht. Zu prüfen ist ferner die Frage, ob der Begriff „Selbstbedienungsladen“ eine unzulässige Wertung darstellt. Strittig bleibt weiter eine Passage, die sich mit der Funktion des Trainersohnes als Geschäftsführer beschäftigt. Schließlich geht es um die Behauptung, der Trainer habe dem Präsidenten des Deutschen Sportbundes das Amt eines Aufsichtsratsvorsitzenden in seinem Golfclub angeboten. Der Beschwerdeführer will ein solches Angebot nicht gemacht haben. Die Chefredaktion der Zeitung beschränkt ihre Stellungnahme auf die genannten Punkte. Zur Frage nach dem Materialgeld beruft sie sich auf die Aussagen zweier Fechter, ohne ihr Wissen als B-2-Kader-Mitglieder geführt worden zu sein und weder Material noch Geld erhalten zu haben. Was den Begriff „Selbstbedienungsladen“ betreffe, so beziehe sich dieser auf die Feststellung, dass der Trainer sowohl ein Gehalt von Bund und Land als auch von seinem Fechtclub beziehe. Der Sohn stehe als Geschäftsführer auf der Gehaltsliste einer Sportmarketing-Gesellschaft, die Ehefrau sei längere Zeit bei dieser Gesellschaft angestellt gewesen. Alle drei wohnten in von der Stiftung Festsport finanzierten Wohnungen und würden Autos zu besonders günstigen Leasingkonditionen fahren. Diesen Sachverhalt mit dem „Begriff „Selbstbedienungsladen“ zu belegen, ist aus Sicht der Chefredaktion eine zulässige Wertung. Die Aussage, dass der Sohn zum Geschäftsführer gemacht werde, beziehe sich auf die von dem Trainer betriebene Akademie, die als Tochtergesellschaft der Sportmarketing-Gesellschaft gegründet worden sei. Der Sohn sei tatsächlich als Geschäftsführer der Akademie eingesetzt worden. Das Angebot an den DSB-Präsidenten sei vom DSB-Sprecher bestätigt worden. Ob es in schriftlicher Form unterbreitet wurde, sei aus heutiger Sicht zweifelhaft. Es sei nicht auszuschließen, dass in diesem Punkt in die Berichterstattung eine Unschärfe geraten sei. Diese sei jedoch angesichts der Dimension des Themas vergleichsweise gering. Der Deutsche Fechter-Bund teilt dem Deutschen Presserat auf Anfrage mit, dass B-2-Kadersportler im Laufe eines Jahres Fechtmaterial im Gegenwert des verfügbaren Materialgeldes (Planungsgröße in den letzten Jahren 100 D-Mark pro Monat) erhalten können, wenn sie an den Maßnahmen teilnehmen, die zur Förderung der Leistungsentwicklung festgelegt sind. In keinem Fall erhielten Kadersportler Geld. Auf die Anfrage, ob er von dem Trainer das Angebot erhalten habe, das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden in dessen Golfclub zu übernehmen, teilt der DSB-Präsident mit, dass er ein kostenfreies Golfangebot im Club des Trainers nicht angenommen habe. Entsprechend erübrigten sich alle weiteren Angebote und Einladungen. (1999)