Autorisierung eines Interviews
Gestrichene Passage in einem anderen Beitrag verwendet
Unter der Überschrift „Lügt ‚Bild‘ wieder?“ veröffentlicht eine Sonntagszeitung einen Beitrag über die falsche Beschriftung eines Trittin-Fotos in der Boulevardzeitung. In diesem Zusammenhang dränge sich allmählich die Frage auf, schreibt das Blatt, welche Rolle „Bild“ selbst bei der Eskalation der Gewalt in den 60er Jahren gespielt habe. Die Antwort, Mitte der Woche wenn auch zögerlich im Interview mit der Sonntagszeitung gegeben, wolle der Chefredakteur Ende der Woche nicht mehr lesen. Nämlich: Dass es ihm nicht zustehe, über das zu urteilen, was damals im Verlag gewesen sei, weil er 1968 doch erst vier Jahre alt gewesen sei und das Ganze nur historisch betrachten könne. Da der Chefredakteur der Boulevardzeitung diese Aussage bei der Autorisierungsabsprache aus dem Interviewtext herausgestrichen hatte, legt die Rechtsabteilung des Verlages Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Es widerspreche der journalistischen Sorgfaltspflicht, Passagen eines Interviews, die von dem Interviewten gestrichen worden seien, in einem anderen Beitrag zu veröffentlichen. In diesem Vorgehen sehe der Verlag zudem eine unlautere Recherchemethode. Die Chefredaktion der Sonntagszeitung bestätigt, dass mit dem Chefredakteur des Boulevardblattes eine Autorisierung verabredet worden sei. Im Rahmen dieser Autorisierung habe dieser das Interview jedoch nicht auf Unrichtigkeiten hin geprüft, sondern inhaltlich geändert. Er habe Dinge, die er nicht gesagt habe, hineingeschrieben und andererseits Gesagtes herausgestrichen. Die Chefredaktion verstehe unter Autorisierung eines Interviews jedoch die Überprüfung auf Richtigkeit und nicht inhaltliche Veränderung. Die hier praktizierte Art der Autorisierung habe man demzufolge als ungewöhnlich empfunden und dies in dem kritisierten Text darstellen wollen. In diesem Zusammenhang seien zwei Äußerungen, die der Interviewte gemacht, aber herausgestrichen habe, exemplarisch dargestellt worden. Dies sei nur inhaltlich geschehen. Ein wörtliches Zitat sei nicht veröffentlicht worden. (2001)