Ausschussberichte des Bundestags
Kritik an der Berichterstattung über deren Zustandekommen am Beispiel Gregor Gysi
In fünf Beiträgen informiert eine Tageszeitung im Dezember 1997 über einen Berichtsentwurf des Parlamentsausschusses zur MfS-Verstrickung von Gregor Gysi und die Reaktion der PDS, welche die Existenz eines solchen Entwurfs abstreitet. Der Pressesprecher der PDS erklärt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass es in den Beiträgen von falschen, halbwahren und unvollständigen Darstellungen nur so wimmele. Insbesondere sei durchgängig von einem “Berichtsentwurf des Parlamentsausschusses” bzw. gar von einem “Berichtsentwurf des Bundestages” die Rede, der “kommende Woche vom Bundestagsausschuss beraten und im Januar offiziell vorgestellt werden (soll)”, und in dem die Vorwürfe als “erwiesen” beurteilt würden, wobei der Autor wisse, dass der Immunitätsausschuss zu diesem von ihm dargestellten Ergebnis kommen “will”. Ein solcher Berichtsentwurf existiere jedoch nicht, es gebe lediglich einen Teilentwurf eines SPD-Abgeordneten. Aus diesem “ersten Textentwurf” zitiere die Zeitung. Dabei stelle sie die Auffassung eines einzelnen Abgeordneten fälschlicherweise als Auffassung des Ausschusses oder gar des Bundestags dar. Der Beschwerdeführer kritisiert zudem, dass die Zeitung unter der Überschrift “PDS tritt Stasivorwürfen gegen Gysi entgegen” zwar auf eine seitens der PDS herausgegebene Richtigstellung eingeht, jedoch gleichzeitig die Lüge vom “Berichtsentwurf des Geschäftsordnungsausschusses” wieder aufstellt. Die Chefredaktion des Blattes räumt ein, dass ihre Überschrift “Bundestags-Gremium sieht Gysi als Stasi-IM überführt” eine verkürzte Zusammenfassung des Ergebnisses des “Berichtsentwurfs” darstellt. In der Unterzeile werde jedoch ausdrücklich klargestellt, dass es sich um einen “Berichtsentwurf” handele. Auch in der Folgeberichterstattung sei durchgängig von einem “Berichtsentwurf” die Rede. Bei der Beurteilung der Beschwerde seien die Verfahrensabläufe des betreffenden Ausschusses zu berücksichtigen. Entsprechend der Arbeitsorganisation teilen sich die Berichterstatter die umfangreiche Materie in verschiedene Bereiche auf mit dem Ziel, dass jeder Parlamentarier einen Berichtsentwurf für den Ausschuss zu “seiner” Materie erstellt und diesen den anderen Berichterstattern zuleitet. Der vorliegende Entwurf werde beraten, die jeweils von den einzelnen Mitgliedern zu verantwortenden Teile des Berichtsentwurfs würden dann zu einem sozusagen abschließenden Bericht zusammengefügt. Bei den von den Berichterstattern erstellten Entwürfen handele es sich also um Entwürfe des Ausschusses insgesamt. Bereits Tage vor der Berichterstattung in der Zeitung hätte der in dem Artikel ausgiebig zitierte Berichtsentwurf sämtlichen Parteien im Bundestag vorgelegen. Aus diesem Entwurf sei klipp und klar herauszulesen, dass nach Auffassung des Ausschusses Gregor Gysi inoffizieller Mitarbeiter des MfS war. (1997)