Veröffentlichung ohne Zustimmung
Eine Tageszeitung berichtet, eine renommierte deutsche Firma sei von einem britischen Unternehmen gekauft worden. Hintergründe zum Geschäftsverlauf der vergangenen Jahre werden geschildert. Mitgeteilt wird u. a. auch, die Geschäftsführer hätten eine Reihe von Führungskräften gefeuert, darunter den Leiter des Finanzressorts. Dieser wendet sich am 12. Dezember mit einem Schreiben an die Chefredaktion des Blattes und stellt richtig, er sei nicht gefeuert worden. Er habe auf freiwilliger Basis von der Möglichkeit des Vorruhestandes Gebrauch gemacht. Entsprechende versicherungsmathematische Rückstellungen habe er schon zu einem Zeitpunkt zwei Jahre zuvor gebildet. In einem Brief vom 19. Dezember, der den Adressaten am 21. Dezember erreicht, entschuldigt sich die Zeitung für »mögliche Irrtümer«. Um »die Rufschädigung aus der Welt zu schaffen«, schlägt die Redaktion vor, den Brief des Betroffenen in der Ausgabe vom 21. Dezember zu veröffentlichen. Man hoffe, dass ihn die »vorgeschlagene Regelung« zufrieden stelle. Auszüge aus dem erwähnten Schreiben erscheinen tatsächlich am 21. Dezember auf der Leserbriefseite der Zeitung, ohne dass der Betroffene eine Chance zum Widerspruch hatte. Der Mann beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er hält es für unzulässig, den Brief mit vertraulichen Daten des Absenders ohne Rückfrage zu veröffentlichen. Die Zeitung hätte nach fehlerhafter Darstellung den Mut zu einer »sauberen Klarstellung« haben müssen. Die Redaktion erklärt, ihr sei daran gelegen gewesen, mit der Veröffentlichung des Leserbriefs möglichst schnell die Position des Beschwerdeführers in dessen Sinne bekannt zu machen. Im übrigen sei der Brief nicht als vertraulich gekennzeichnet gewesen. (1990)