Vorwurf des Missbrauchs öffentlicher Mittel
Eine Beratungsstelle sieht die Ehre ihrer Mitarbeiter verletzt
Eine Regionalzeitung erfährt, dass die Kreistagsfraktion der CDU der Beratungsstelle eines Vereins gegen sexuelle Gewalt an Frauen und Kindern einen Zuschuss von 90.000 Mark streichen will. Sie berichtet darüber unter der Überschrift „Missbrauchen die Schützer die Opfer?“ und stellt einleitend fest, dass der Kreis damit ein Tabuthema anpackt. Wörtlich heißt es: „Die bunte Vielfalt der Kinder- und Frauenberatungsstellen soll ihre wirkliche Leistung öffentlich unter Beweis stellen. Mit sechsstelligen Summen werden die aus dem Kreistopf unterstützt – und da gibt’s einen bösen Verdacht: Beraterinnen und Berater nutzen Gewalt in Familien und Beziehungen erst mal zur Sicherung ihrer eigenen Arbeitsplätze.“ Der betroffene Verein ist der Ansicht, dass der Beitrag falsche und ehrverletzende Behauptungen über seine Mitarbeiter enthält, und legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion trägt vor, dass der Autor des Beitrages in Schlagzeile und Text lediglich Tatsachen darstelle und analysiere. Die zentrale Frage, die sich aus der Recherche ergeben habe, sei dem Bericht vorangestellt und konsequenterweise mit einem Fragezeichen versehen. Unter Berufung auf den Fraktionsvorsitzenden der CDU und weitere Recherchen im Jugendamt schreibe der Autor, dass der genannte Verein im Gegensatz zu zwei anderen Beratungsstellen die Bedeutung seiner Arbeit nicht mit Bilanzen belegen könne. Mit Entschiedenheit weist die Chefredaktion die Vorhaltungen der Beschwerdeführer zurück, dass durch die Berichterstattung die Mitarbeiter des Vereins mit Sexualstraftätern verglichen und diesen gleichgestellt würden. (2000)