Tatsachenbehauptung
Eine Tageszeitung berichtet über ein Verfahren vor dem Amtsgericht sowie die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht. Angeklagt ist ein Hilfspolizist, den der Staatsanwalt beschuldigt, seinen Dienstherrn, einen Bürgermeister, beleidigt zu haben. Er soll in einem Schreiben die Behauptung aufgestellt haben, der Vorgesetzte habe telefonisch gedroht, ihm »den Arsch aufzureißen«. Diese Behauptung wirrt von dem Zeugen bestritten. In Ihrer Überschrift spricht die Zeitung von einer »bitteren Prozesspille« für den Bürgermeister. Die Unterzeile lautet: »Gericht: ... sagte im Zeugenstand die Unwahrheit«. Und im Vorspann heißt es: »Richter bescheinigen einem Bürgermeister, und das auch in der zweiten Instanz, als Zeuge die Unwahrheit gesagt zu haben«. Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Dem Leser werde der falsche Eindruck vermittelt, in dem Berufungsverfahren sei rechtskräftig festgestellt worden, der Beschwerdeführer habe in zwei Fällen die Unwahrheit gesagt. Diese Auffassung des Amtsrichters habe sich das Berufungsgericht gerade nicht zu eigen gemacht. Es sei zu der Überzeugung gekommen, dass der Angeklagte, jedenfalls was Zeitpunkt und Inhalt des angeblichen Telefonats angeht, nicht die volle Wahrheit gesagt habe. Im übrigen könne in einem Strafverfahren, das sich gegen einen Dritten Lichtet, nicht rechtskräftig festgestellt werden, dass der Zeuge die Unwahrheit gesagt hat. Die Redaktion räumt ein, dass in dem Berufungsverfahren der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich bezichtigt wurde, als Zeuge die Unwahrheit gesagt zu haben. Die Angelegenheit sei mit einer Gegendarstellung bereinigt worden. Außerdem habe die Zeitung am folgenden Tag die gesamte Sachlage noch einmal entsprechend dargestellt. (1991)