Entscheidungen finden

Mandatsträger vor Gericht

Öffentliches Interesse rechtfertigt Nennung des Namens

Ein Sozialarbeiter steht vor Gericht. Die Anklage wirft ihm vor, nicht dafür gesorgt zu haben, dass zwei kleine verwahrloste und misshandelte Kinder der Mutter entzogen wurden. Die damals 25-jährige Frau war 1999 wegen Misshandlung zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Schon 1997 hatte ein Kinderarzt einen „lebensbedrohlichen Zustand“ der eineinhalbjährigen Tochter wegen Unterernährung festgestellt, ein anderer Arzt auch bei dem 1997 geborenen Sohn. So berichtet es die Zeitung am Ort, wobei sie den Angeklagten beim Namen nennt. Dieser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Nennung seines Namens verletze sein Persönlichkeitsrecht, betont er. Des weiteren kritisiert er die Hinweise auf die angeblichen Äußerungen der Ärzte. Diese Aussagen seien falsch, da fünf als Zeugen vernommene Ärzte die Frage des Richters, ob die Kinder in einem lebensbedrohlichen Zustand gewesen seien, ausdrücklich verneint hätten. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Namensnennung für gerechtfertigt, da der Beschwerdeführer als stellvertretender Ortsvorsteher eines Stadtteils und wegen zahlreicher anderer politischer Aktivitäten eine relative Person der Zeitgeschichte sei. Dass in dem Bericht etwas Unwahres behauptet werde, sei der Zeitung gegenüber bislang nicht vorgetragen worden. Deshalb habe man auch keine Berichtigung veröffentlicht. (2001)