Abtreibung
Unter der Überschrift “Frau wegen geplanter Abtreibung umgebracht?” berichtet eine Tageszeitung über den Mord an einer 23jährigen Frau, die schwanger war und das Kind abtreiben lassen wollte. Nach Erkenntnissen der Polizei kommt als Täter der Freund der Toten in Betracht. In dem Beitrag wird zweimal darauf hingewiesen, dass der Verdächtigte türkischer Staatsbürger ist. Ein Leser sieht in der Erwähnung der Nationalität des Verdächtigten eine Diskriminierung ausländischer Mitbürger und trägt seine Bedenken dem Deutschen Presserat vor. Die Erwähnung der Nationalität des mutmaßlichen Täters sei sachbezogen, erklärt die Zeitung. Zwar sei in der Türkei eine Abtreibung unter gewissen Kriterien rechtlich zulässig, jedoch stoße ein Schwangerschaftsabbruch häufig auf Unverständnis, da er dem moralischen Empfinden der sehr traditionsbewussten Türken widerspreche. Dies gelte insbesondere für die Väter, die mit der Abtreibung ihres Kindes nicht einverstanden seien. Aus dem Polizeibericht ergebe sich, dass im vorliegenden Fall der werdende Vater mit der geplanten Abtreibung nicht einverstanden gewesen sein soll. Möglicherweise habe er seine Freundin aus diesem Grund getötet. Angesichts dieser möglichen Sachlage sei die Nennung der Staatsangehörigkeit des Betroffenen notwendig gewesen. Sie trage wesentlich zum Verständnis der ungewöhnlichen Reaktion bei. (1997)