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Medizinischen Dienst kritisiert

Unter der Überschrift »Entwürdigende Methoden« berichtet eine Lokalzeitung über ein Treffen der "Interessengemeinschaft der Behinderten«. Grund der Zusammenkunft ist das Verhalten eines Mitarbeiters des Medizinischen Dienstes, der damit beauftragt ist, die Pflegebedürftigkeit von Behinderten zu prüfen. In dem Beitrag der Zeitung beklagen Betroffene das Verhalten des Mannes, der nicht namentlich genannt, aber als ehemaliger Krankenpfleger gekennzeichnet wird. Als Beispiel führt die Zeitung die Erfahrung einer selbst behinderten Frau auf, deren Mann schwerstpflegebedürftig ist und auf Anraten des Arztes Antrag auf Pflegestufe III gestellt hatte. Zur Vorbereitung des Frühstücks für ihren Mann habe ihr der Prüfer zweieinhalb Minuten Zeit gegeben. Die Leiterin des Medizinischen Dienstes legt Beschwerde gegen diese Darstellung beim Deutschen Presserat ein. Der Verfasser des Artikels habe die subjektive Meinung weniger Betroffener als objektiv recherchierte Meinung der Redaktion wiedergegeben. Durch den Artikel werde zudem die betroffene Pflegeperson in rufmörderischer Art diffamiert. Der Identitäts- und Persönlichkeitsschutz der betreffenden Person sei schnell bloßgestellt worden, zumal zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nur eine männliche Fachpflegekraft aus dem Kreiskrankenhaus im Beratungszentrum der Stadt tätig gewesen sei. Die Redaktionsleitung weist darauf hin, dass die Problematik der Einstufung der Pflegebedürftigkeit im Rahmen der Pflegeversicherung ein Thema von öffentlichem Interesse ist. In dem beanstandeten Artikel seien Aussagen von Augen- und Ohrenzeugen veröffentlicht worden. Als bedenklich erkennt die Redaktion, dass der Autor des Berichts zugleich als Sprecher der »Interessengemeinschaft der Behinderten« fungiert. Jedoch habe an der Integrität des Verfassers nicht der geringste Zweifel bestanden. Die Diffamierung der betroffenen Pflegeperson weist die Redaktion zurück. lm Text seien weder Name noch genaue Herkunft, oder andere personenbezogene Daten veröffentlicht worden. Mit der Berichterstattung sei keineswegs pauschal der Medizinische Dienst, sondern nur ein Mitarbeiten dieses Dienstes kritisiert worden. Über diesen seien elf Beschwerden aktenkundig. Als Beleg weist die Redaktion auf ihre weitere Berichterstattung hin. Auf derselben Seite dieser Ausgabe räumt die Redaktion dem Medizinischen Dienst Gelegenheit zur Stellungnahme ein. (1995)