Zitat eines Richters
Der Gerichtsbericht einer Lokalzeitung löst eine Beschwerde aus: Eine 37jährige Frau wird wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, Mit der Bitte um ein Glas Wasser hat sie sich Eintritt in eine fremde Wohnung verschafft und auf diese Weise eine zweite Person eingeschleust, die eine Geldbörse mit 1000 Mark Inhalt entwendete: Die Zeitung nennt die ethnische Herkunft der Frau, weist auf ihr umfangreiches Vorstrafenregister hin und nennt sie eine »ehemalige Trickdiebin«. Sie zitiert den Richter, der in'' der Urteilsbegründung feststellte, die Angeklagte habe die Tat in der für Zigeunere typischen Vorgehensweise begangen. Der Gemeinnützige Verein für die Verständigung von Rom und Nicht-Rom beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in der Wiedergabe des Richterzitats eine Verunglimpfung einer ganzen Volksgruppe. Die Chefredaktion des Blattes weist darauf hin, dass der Verfasser des Artikels aus der öffentlichen Verhandlung eines Schöffengerichts zitiert habe. Der sachliche Bericht einschließlich des Zitats stelle in keiner Weise eine Verunglimpfung einer Personengruppe dar. (1995)