Diskriminierung von Funktionären
Kein Anlass für Hinweis auf die Homosexualität eines Referenten
Stadtratsfraktion und Basisgruppe der PDS haben zu einer Informationsveranstaltung „Gegen Rassismus und rechte Gewalt“ eingeladen. Die Zeitung am Ort berichtet darüber. In der zweieinhalbstündigen Veranstaltung sei zwar viel geredet und debattiert worden, doch letztlich sei die Frage offen geblieben, wie sich die Bürger nun angesichts eines erneuten Aufmarsches der Neonazis in der Stadt diesen entgegen stemmen sollten. In einem Kommentar dazu skizziert der Autor die antifaschistischen und antirassistischen Aktivitäten des Landeschefs der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, der auch an der Informationsveranstaltung beteiligt gewesen sei und in einem an die Medien gerichteten Rundbrief auf die Rechtsentwicklung in der Stadt hinweise und Möglichkeiten der Gegenwehr aufzeige. Der umtriebige Sizilianer gelte als Sprachrohr der Antifa-Szene. Er fühle sich angesichts des offenen Rassismus im Osten als Kanake, bekenne er. Der Kommentator wirft dem Gewerkschaftler und dessen Gesinnungsfreunden vor, mit ihrer Einschätzung der Situation in der Stadt zu überziehen und ein Feld zu bereiten, von dem sich vielleicht nun erst recht die rechte Brut angezogen fühle. Wer fernab jeder Realität behaupte, die Stadt sei rechts, lüge und gefährde ihre weitere ohnehin schwierige Entwicklung. Schließlich kritisiert der Autor des Kommentars die Verpflichtung des Hauptreferenten der Informationsveranstaltung. Warum man ausgerechnet ein DVU-Gründungsmitglied und einen früheren Aktivisten der Neonazis zum Zeugen der Anklage gegen Rechts gemacht habe, bleibe das Geheimnis der Veranstalter. Nicht nur der smarte homosexuelle Wanderprediger habe im Saal deplatziert gewirkt. Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft beklagt sich beim Deutschen Presserat über eine falsche Darstellung der Veranstaltung. Zudem sieht er in den Formulierungen „umtriebiger Sizilianer“ und „smarter homosexueller Wanderprediger“ ehrverletzende Behauptungen. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass die beiden Formulierungen problematisch seien und man ihre Verwendung ausdrücklich missbillige. Man habe sich bei dem Beschwerdeführer dafür entschuldigt sowie den Verfasser des Kommentars mündlich und schriftlich gerügt. In dem Schreiben an den Beschwerdeführer heißt es, der Autor des Beitrages habe geltend gemacht, erst Äußerungen der Betroffenen hätten ihm diese Formulierungen nahe gelegt. So habe der Beschwerdeführer betont, dass er sich angesichts des offenen Rassismus im Osten als „Kanake“ fühle. Und der ehemalige Neonazi und Aussteiger habe sich in der Veranstaltung selbst als Homosexueller geoutet. Die Chefredaktion weist dazu darauf hin, dass das die verwendeten Formulierungen erkläre, sie aber nicht entschuldige. (2001)