Sex im Büro
Zeitung zitiert Vorwürfe aus einer Anklageschrift gegen Spitzenbeamten
Unter dem Blickpunkt “Sex und Bestechung” berichtet die Lokalausgabe einer Regionalzeitung, dass die Staatsanwaltschaft gegen den stellvertretenden Stadtdirektor Anklage erhoben hat, weil er eine Mitarbeiterin sexuell bedrängt haben soll. Die Angestellte habe immer wieder nach Ausflüchten gesucht, so die Zeitung, um nicht mit ihrem (verheirateten) Chef zu Schäferstündchen zusammentreffen zu müssen. Dabei habe sie auch angegeben, wegen vieler Arbeit keine Zeit zu haben. Der Spitzenbeamte soll ihr daraufhin angeboten haben, dass sie für diese Zeit vom Dienst freigestellt werden könne. Darin sehe die Staatsanwaltschaft eine Dienstpflichtverletzung und den Versuch der Bestechung. Der Beamte wendet sich an den Deutschen Presserat. Er sieht sich in Bericht und Kommentar vorverurteilt. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer, das bereits im Sommer 1995 abgeschlossen worden sei. Nach Aussage des Stadtdirektors habe der Betroffene damals Belästigungen eingestanden und sich bei den Frauen entschuldigt. Über diesen Sachverhalt habe die Zeitung seinerzeit berichtet. Eine Stellungnahme dazu habe der Beschwerdeführer verweigert, gegen die veröffentlichten Fakten seinerzeit aber auch nicht protestiert. Als 1998 wegen des Verdachts der Bestechung ein strafrechtliches Verfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet worden sei, habe das alte Verfahren wieder an Aktualität gewonnen. Man habe jedoch erst nach der Anklageerhebung 1999 erstmals über den Vorgang berichtet. Der kritisierte Artikel stütze sich auf den bereits 1995 veröffentlichten Tatbestand, der eine Grundlage der Anklageerhebung sei und damit natürlich noch einmal ausführlich dargestellt werden müsse. Die Anklage selbst laute – im Zusammenhang mit der sexuellen Belästigung – auf Bestechung. Allein in dieser Hinsicht sei also eine Unschuldsvermutung geboten. Diese sei im fraglichen Artikel nicht verletzt worden. (1999)