Begriff “Wurzelrasse”
Verbindungen zwischen Theosophie und Nazi-Theorien werden nicht einmal angedeutet
Ein Nachrichtenmagazin berichtet unter der Überschrift “Ozeane der Weisheit” über buddhistische Strömungen. Der Beitrag enthält die folgende Passage: “Die Bewegung der Theosophen am Ende des 19. Jahrhunderts, eine Revolte gegen den wissenschaftlichen Positivismus, machte Tibet endgültig zum Traumland, zum spirituellen Zentrum jenseits von Raum und Zeit. Dem Mythos einen Namen gab der Autor James Hilton 1933 in seinem Buch ‘Lost Horizon’: Shangri-La. Er war – wie so viele Schwärmer – nie in Tibet.” Im darin anschließenden Absatz des Textes heißt es weiter: “Zwei Jahre später gründete in Nazi-Deutschland Heinrich Himmler die SS-Forschungsstätte ‘Ahnenerbe’; seine Berater, wie der Wissenschaftler Ernst Schäfer, glaubten, Tibet sei die Wiege der Menschheit, Zufluchtsort einer ‘arischen Wurzelrasse’....”. Das Theosophische Centralarchiv sieht den theosophischen Begriff der “Wurzelrasse” durch diese Ausführungen als diskreditiert an und beantragt beim Deutschen Presserat eine Rüge. Der theosophische Wurzelrassen-Begriff habe keine inhaltlichen Gemeinsamkeiten mit dem nationalsozialistischen Rassenwahn. Bei der “Wurzelrasse” handele es sich um eine chronologische Rasseneinteilung, die Menschen aller anthropologischen Rassen durchlaufen hätten. Eine Einteilung in “bessere” und “schlechtere” Rassen liege dem nicht zugrunde. Im übrigen weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die im Artikel erwähnte Reise Schäfers nach Tibet keinen politischen Grund gehabt habe. Die Unterstützung durch die SS sei aus rein formalen und verwaltungstechnischen Gründen erfolgt, da die SS alle Auslandsreisen zu genehmigen und zu überwachen gehabt habe. Der Chefredakteur der Zeitschrift betont in seiner Stellungnahme, in dem Artikel werde darauf hingewiesen, dass die Bewegung der Theosophen vom Ende des 19. Jahrhunderts stamme. Eine Analogie zwischen Theosophen und Nazi-Theorien werde nicht einmal angedeutet. Unter Hinweis auf verschiedene Publikationen weist er ferner darauf hin, dass die Verbindung der SS zur Reise Schäfers entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht nur formale und verwaltungstechnische Gründe gehabt habe. Vielmehr hätten vier SS-Leute Schäfer begleitet, darunter auch der Rassenkundler Bruno Beger. Schäfer selbst habe im August 1939 Ehrenzeichen der SS erhalten. (1998)