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Bundesumweltminister war nicht Mitglied des AStA Göttingen

Eine Boulevardzeitung verkündet auf ihrer Titelseite „24 Jahre nach der Ermordung des Generalbundesanwalts – Bubacks Sohn greift Trittin an“. Auf Seite 2 wird darüber berichtet, dass der Chemie-Professor und der Bundesumweltminister einander in einem ICE begegnet seien. Buback habe Trittin auf den so genannten „Mescalero“-Nachruf angesprochen und ihn gefragt, ob es nicht an der Zeit sei, sich von diesem furchtbaren Machwerk zu distanzieren. In diesem berüchtigten Aufsatz – so wird den Lesern erklärt – habe ein Autor aus der linken Göttinger Szene unter dem Pseudonym „Mescalero“ klammheimliche Freude über den Buback-Mord verkündet. Trittin habe den Buback-Sohn kaltschnäuzig abgefertigt, schreibt das Blatt. Es erklärt, Trittin habe damals zur linken Szene der Universitätsstadt gehört und sei Mitglied der Studentenvertretung AStA gewesen, deren Zeitschrift 1977 den „Nachruf“ veröffentlicht habe. In seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat weist der Bundesumweltminister auf die Unwahrheit dieser Behauptung hin. Er sei seinerzeit nicht AStA-Mitglied gewesen und habe mit der Veröffentlichung des „Mescalero“-Textes nichts zu tun gehabt. Der Redaktion der Zeitung sei zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bekannt gewesen, dass ihre Berichterstattung unwahr ist, denn der Sprecher seines Ministeriums habe die Redaktion bereits am Vortag drauf aufmerksam gemacht, dass eine solche Berichterstattung unwahr wäre. Der Beschwerdeführer sieht darin einen klaren Verstoß gegen die journalistische Berufspflicht und Berufsethik, welche die Achtung vor der Wahrheit einschließe. Der Chefredakteur der Zeitung erklärt, der Beschwerdeführer müsse als Bundesminister eine kritische Berichterstattung hinnehmen, insbesondere im Anschluss an sein unziemliches Verhalten bei der Begegnung mit dem Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts. Richtig sei, dass der Beschwerdeführer seinerzeit nicht dem AStA angehört habe. Er habe aber auch ohne AStA-Zugehörigkeit zur „linken Szene“ der Universität Göttingen gehört. Der Beschwerdeführer versuche, mit seiner Darstellung den Eindruck zu vermitteln, als habe er nie hinter dem „Mescalero“-Papier gestanden. Zitate des Beschwerdeführers in diversen Publikationen belegen nach Ansicht des Chefredakteurs das Gegenteil. Von seiner öffentlich bekundeten Einstellung zu dem „Mescalero“-Text könne sich Trittin nicht dadurch distanzieren, dass er darauf hinweist, für die Veröffentlichung des Textes nicht verantwortlich gewesen zu sein. Es gehe nicht um die Erstveröffentlichung, sondern darum, dass er den Inhalt und seine Verbreitung mitgetragen habe. Erst in den jüngsten Tagen habe sich der Beschwerdeführer distanziert. (2001)