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Demonstration

Der Initiator einer “Klagemauer für den Frieden”, 1991 aus Protest gegen den Golfkrieg auf dem Platz vor einem westdeutschen Dom errichtet, wehrt sich durch Beschwerden beim Deutschen Presserat gegen die Veröffentlichungen zweier Zeitungen. Ein Boulevardblatt berichtet, er habe seine Zustimmung zum Umzug der Mauer zu einer evangelischen Kirche in der Altstadt gegeben. Dazu wird in einer Fotomontage der neue Standort gezeigt. In der Unterzeile heißt es: “So könnte es aussehen.” Unter dem Foto befindet sich ein Hinweis, dass es sich bei dem Bild um eine Montage handelt. Der Pfarrer der Kirche wird zitiert: “Ich halte die Klagemauer für richtig. Sie weist uns auf wichtige Dinge hin.” Ein weiteres Zitat lautet: “Die katholische Kirche hat eine Gelegenheit verpasst, ihr Image durch eine Duldung zu verbessern.” Zwei Wochen später berichtet eine der örtlichen Zeitungen, der Initiator der Klagemauer sei bei einem Polizeieinsatz gegenüber Beamten handgreiflich geworden. Der Betroffene sieht die Tatsachen falsch dargestellt. Beide Artikel stünden zeitlich im Zusammenhang mit gerichtlichen Verfahren um den Fortbestand der “Klagemauer”. Er habe nie seine Bereitschaft zum Standortwechsel signalisiert. Die Fotomontage suggeriere einen bereits vollzogenen Umzug. Die Zitate des Pfarrers seien in einen falschen Zusammenhang gestellt. Gegenüber Polizisten sei er nie handgreiflich geworden. Die Rechtsabteilung der Boulevardzeitung beruft sich auf ein Gespräch des Beschwerdeführers mit dem Bürgermeister. In diesem Gespräch, dessen Inhalt bislang nicht strittig gewesen war, sei der Eindruck entstanden, der Betroffene stimme einem Wechsel des Standorts zu. Die darauf beruhende Wertung durch die Redaktion könne daher nicht beanstandet werden. Weder Überschrift noch Text suggerierten einen bereits vollzogenen Standortwechsel. Die Zitate des Pfarrers seien richtig wiedergegeben. Keine der beiden Äußerungen könnten als Plädoyer für eine Räumung des Domplatzes verstanden werden. Die Rechtsabteilung der Lokalzeitung weist darauf hin, dass die Aussage des Beschwerdeführers im Widerspruch stehe zum Bericht der damit befassten Polizei. (1996)