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Redaktionelle Mitarbeiter

Der Leser einer Lokalzeitung beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass der Ortsvorsitzende einer Partei im Einzugsbereich der Zeitung regelmäßig über Angelegenheiten der Lokalpolitik berichtet. Die Artikel enthalten keinen Hinweis auf das Parteiamt des redaktionellen Mitarbeiters. Hier werde das Gebot der Trennung von Presse- und Regierungsfunktion missachtet. Der Autor liefere einseitige “Hofberichterstattung” für den Bürgermeister, der parteiinterner Kontrahent des Beschwerdeführers sei. Dies betreffe insbesondere die örtlichen Auseinandersetzungen um ein Verkehrsprojekt. Der Leiter der Landkreisredaktion teilt mit, der betroffene Mitarbeiter leite ein Forstamt und versehe nebenberuflich – ausgestattet mit einer Genehmigung seines Dienstherrn – seit 1983 korrekt und zuverlässig einen Großteil der Ortsberichterstattung aus einer Gemeinde. Aus der Tatsache, dass der Mitarbeiter zugleich Ortsvorsitzender einer Partei in einem Gemeindeteil sei, lässt sich nach Auffassung der Zeitung nicht von vorneherein ein Verstoß gegen die Richtlinie 6.1 ableiten. Wären Parteien in diesem Zusammenhang relevant, dann hätte dies – so die Zeitung – in den Kodex aufgenommen werden müssen. Die Redaktion betont, dass sie alle Berichte ihres Mitarbeiters redigiert und mit Überschriften versieht. Sie könne nicht erkennen, dass er versuche, in der Verkehrssache seine politischen Absichten durch ein “Pressemonopol” durchzusetzen. Der Ortsverband, den er leite, sei in der 2000-Einwohner-Gemeinde klein und unbedeutend. Auch sei er nicht Mitglied des Gemeinderats. (1997)