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Diskriminierung der Frauen

Menschenrechtsverletzungen mit Beziehungsproblemen verglichen

In einer Satire unter der Überschrift „Bleib da, Schatz!“ knüpft eine Zeitschrift an zahlreiche Beispiele die Feststellung, die deutsche Frau habe im Vergleich zu Frauen in anderen Ländern keinen Grund zum Jammern. Dennoch jammere sie, immer sei sie diejenige, die sich um die Verhütung kümmern müsse. Dabei habe sie es so gut. Sie könne froh sein, dass sie verhüten dürfe. In China sei die Pille verpönt, da sie eine Gefahr für die Moral sei. Sie jammere, ihr Wunsch, unbefleckt in die Ehe zu gehen, werde nicht respektiert. Dabei habe sie es so gut. Auf der kleinen Pazifikinsel Guam wäre ihr Wunsch illegal. Den Inselfrauen sei es nicht erlaubt zu heiraten, wenn sie noch Jungfrauen seien. Sie jammere über ihren dicken Hintern. Dabei habe sie es so gut, denn bei den Tuaregs würden die Frauen gemästet. Sie jammere, der Partner finde beim Vorspiel die Klitoris nicht. Dabei habe sie es so gut. Wenn sie in Ägypten leben würde, wäre es unmöglich, ihre Klitoris zu finden. Viele der 32 Millionen Ägypterinnen hätten gar keine mehr. Sie jammere, ihr Partner sei nicht romantisch genug. Dabei habe sie es so gut. In afrikanischen Ländern seien die Kennenlern-Rituale um einiges unromantischer. Wolle ein äthiopischer Mann eine bestimmte Frau haben, kidnappe er sie zusammen mit seinen Freunden, bringe sie zu einer entfernt gelegenen Hütte und vergewaltige sie dort, um sie nach Möglichkeit zu schwängern. Eine Leserin der Zeitschrift beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Darstellung und die kommentarlose Aufzählung von Beispielen für gebräuchliche, teilweise traditionelle Misshandlung, Unterdrückung und Folter von Frauen und Mädchen sei nicht dazu geeignet, um in ironischer Weise kleine Beziehungsproblemchen zu diskutieren. Der Artikel sei ehrverletzend und demütigend. Zudem würden die beschriebenen Beispiele lächerlich gemacht. Der Chefredakteur der Zeitschrift hält die Darstellung für zulässig. Erschreckende Beispiele für die prekäre Situation von Frauen in verschiedenen Ländern würden mit vielen und üblichen Klischees, die Männer gegenüber Frauen haben, in Zusammenhang gebracht. Es entspreche dem Charakter seiner Zeitschrift, dass dieser Zusammenhang in drastisch überzogener Weise hergestellt werde. Das Thema werde bewusst in einer Provokation umgesetzt, um sowohl Leser als auch Leserinnen nicht nur mit der Situation der Frauen in anderen Ländern zu konfrontieren, sondern ihnen zugleich deutlich zu machen, welche Nichtigkeiten den Beziehungsalltag hier zu Lande oft prägten. (2003)