Zitate aus dem Internet
Deutsche Austauschschülerinnen in den USA hatten in einem Schülerforum im Internet über einige negative Erfahrungen mit Amerikanern während des Irak-Krieges berichtet. Ein Nachrichtenmagazin berichtet unter Rückgriff auf diese Aussagen im Chat und unter Namensnennung über die Anfeindungen gegen die jungen Deutschen vor allem in der Provinz. Die Überschrift des Beitrages lautet „Ganz rüde Anmache“. Der Vater einer der Schülerinnen, die in dem Artikel zitiert wird, kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass in dem Beitrag der Eindruck erweckt werde, als habe seine Tochter die darin enthaltenen Äußerungen direkt gegenüber der Magazinredaktion gemacht. Dies sei jedoch nicht zutreffend. Es habe kein Gespräch zwischen seiner Tochter und dem Magazin stattgefunden, obwohl ein solches ursprünglich vereinbart war. Die Zitate seiner Tochter seien nur die Wiedergabe einzelner Beiträge von ihr in einem Internet-Forum über Schüleraustausch. Die Meinungsäußerungen seien dort unter einem Pseudonym eingestellt worden und nicht zu einer anderweitigen Veröffentlichung bestimmt gewesen. Journalisten sollten die Regel beachten, dass Forumsbeiträge im Internet ohne Einwilligung des Verfassers nicht durch Dritte veröffentlicht werden dürfen. Die Veröffentlichung löst eine weitere Beschwerde aus: Die verantwortliche Austauschorganisation wirft dem Magazin eine fahrlässige Recherche vor. Der Gedankenaustausch im Internet war am 27. Februar, die Veröffentlichung in der Zeitschrift aber erst am 17.März 2003 erfolgt. In seiner Stellungnahme erklärt das Justitiariat des Verlages, bei der Veröffentlichung der Aussagen der 16jährigen handele es sich erkennbar nicht um ein Interview im Sinne eines Frage-Antwort-Musters, sondern um unvollständige Zitate. Die Schülerin hat ihren Beitrag selbstständig und aus eigenem Antrieb in ein offenes Forum im Internet gestellt, so dass er für jeden frei abrufbar gewesen sei. Die Veröffentlichung des Beitrages sei auch nicht unter einem Pseudonym erfolgt. Vielmehr sei am Ende des Textes ein Link auf die Homepage des Mädchens enthalten. Dadurch werde jedem Leser bewusst und gewollt die Möglichkeit gegeben, sich umfassend über sie zu informieren. Auf der Homepage könne man neben Namen und Foto auch alles über ihren Aufenthalt in den USA, ihre Gastfamilie, ihre Schule usw. erfahren. (2003)