Daten eines Landebahngegners
Zeitung nennt persönliche Details einschließlich Einkommen
In Hamburg wehren sich vier Grundstückseigentümer gegen eine Verlängerung der Landebahn, welche den Bau und die Auslieferung der Frachtversion sowie die Produktion modifizierter Modelle des neuen Airbus A 380 in der Hansestadt ermöglichen soll. Eine Boulevardzeitung berichtet über den Sachstand und stellt unter der Überschrift “Der Mann, der nicht verhandeln will” einen der Landebahngegner vor, der es bislang abgelehnt habe, seine Grundstücke für den Bau der neuen Airbus-Piste zu verkaufen. Die Zeitung nennt den vollständigen Namen und das Alter des Betroffenen, gibt seinen Beruf an und nennt sein Monatseinkommen. Außerdem wird über den vorherigen und den voraussichtlich künftigen Arbeitsplatz des Mannes berichtet, der sich ausdrücklich auch vor den Medien zurückgezogen habe und mit niemandem reden wolle. An der Auffahrt zu seinem Grundstück stehe ein an die Medien gerichtetes Schild, auf dem er mitteile, das seine gesamte Familie weder Interviews noch Foto- oder Fernsehtermine gebe. Eine Leserin des Blattes gibt dem Deutschen Presserat gegenüber zu bedenken, dass die volle namentliche Nennung des Landebahngegners gegen Ziffer 8 des Pressekodex verstoße. Gleiches gelte für die Nennung seines Arbeitgebers, seiner Besoldungsgruppe, sowie sein mutmaßliches Einkommen. Dies alles seien Informationen, an denen kein öffentliches Interesse bestehen könne. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Die Berichterstattung falle unter Ziffer 8, Satz 2, des Pressekodex, da im vorliegenden Falle das Privatverhalten öffentliche Interessen berühre. Die Vorgänge um die Airbus-Erweiterung in Hamburg würden seit vielen Jahren mit einer umfassenden Berichterstattung in seiner Zeitung begleitet. Für den Fall, dass die Airbuslandebahn nicht verlängert werden könne, weil hierfür nötige Grundstücke von der Stadt Hamburg nicht erworben werden könnten, habe Airbus Frankreich angekündigt, Teile des Projekts nach Toulouse zu verlagern. Damit stünden bereits getätigte große staatliche Investitionen und eine erhebliche Anzahl von Arbeitsplätzen in Frage. Die Airbus-Landebahn könne nicht verlängert werden, wenn vier Grundeigentümer ihre Grundstücke nicht zum Verkauf stellen würden. Der durch die Berichterstattung Betroffene sei einer von diesen Vieren. Das private Verhalten dieser vier Eigentümer sei also auf das engste mit der öffentlichen Angelegenheit Airbus verknüpft. Die Namen der vier seien deswegen im übrigen auch über ihr direktes persönliches Umfeld hinaus im betroffenen Süderelbe-Bereich bereits bekannt gewesen. Damit die weitere Öffentlichkeit einordnen könne, welche Beweggründe die Nichtverkäufer leiten würden, wer sie seien, zu welchem Umfeld sie gehörten, sei es zu einer wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit notwendig gewesen, die entsprechenden Informationen zu liefern. Wenn die Zeitung also den Namen des Betroffenen sowie seinen Arbeitgeber, seine Besoldungsgruppe wie auch Daten der anderen Eigentümer veröffentlicht habe, sei dies geschehen, um dem Leser die an Fakten orientierte Grundlage für eine objektive Meinungsbildung zu ermöglichen. Der Chefredakteur räumt ein, dass bei der Berechnung des Gehalts des Betroffenen, die sich an den üblichen Besoldungsgruppen orientierte, ein Berechnungsfehler unterlaufen sei. Die Adresse des Mannes sei durch dessen Verwurzelung im Vorsitz eines Vereins und die Lage seines Grundstücks vor der Landebahn in der Gemeinde einer größeren Zahl von Menschen bekannt. Es sei zudem durch das angebrachte Schild leicht erkennbar. Der Chefredakteur weist abschließend darauf hin, dass aus seiner Sicht die Presseratsbeschwerde nicht im politisch luftleeren Raum gesehen werden dürfe, sondern als ein Teil einer politischen Strategie in der zur Zeit aufgehetzten Hamburger Situation um die Airbus-Landebahn begriffen werden müsse. (2004)