Private Insolvenz
Geschäftsmann haftet für Verbindlichkeiten seiner Unternehmen
Eine Lokalzeitung berichtet, dass das private Insolvenzverfahren gegen den ehemaligen Besitzer mehrerer Kaufhäuser in der Region vor dem Abschluss stehe. Sie teilt ihren Leserinnen und Lesern mit, das zuständige Amtsgericht habe mangels Privateigentums die Schlussverteilung der pfändbaren Barschaft beschlossen. Der Kaufmann sei nach Einschätzung des Insolvenzgerichts pleite. Ein neues Gewerbegebiet habe ihn in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht und Millionen-Umsätze gekostet. Im Detail wird darüber informiert, dass der Geschäftsmann als persönlich haftender Gesellschafter nach der Insolvenz der Kaufhäuser auch privat Insolvenz habe anmelden müssen. Er verfüge jetzt lediglich noch über 2.700 Euro, von denen auch die Kosten des Insolvenzverfahrens zu begleichen seien. Die Insolvenzforderungen der Gläubiger in Höhe von 2,922 Millionen Euro könnten damit nicht befriedigt werden. In den nächsten sechs Jahren müsse der ehemalige Manager nur die Summe auf ein Treuhandkonto überweisen, die über der Pfändungsgrenze liege. Danach werde die Restschuld erlassen. Der betroffene Geschäftsmann trägt dem Deutschen Presserat vor, dass er durch die Veröffentlichung sein Persönlichkeitsrecht und insbesondere sein Recht auf Datenschutz verletzt sieht. Durch die Darstellung seiner privaten finanziellen Situation und die Wiedergabe der Verhaltensmaßregeln für die nächsten sechs Jahre würden sein Privatleben und seine Intimsphäre missachtet. Die immensen Auswirkungen auf Familie und Beruf blieben unreflektiert, seine derzeitige, ohnehin fast unerträgliche Situation bleibe unberücksichtigt. Der Artikel sei Rufmord. Die Veröffentlichung sei unzulässig, da nicht über die Geschäftsinsolvenz, sondern über seine private Insolvenz berichtet werde. Daran bestehe aber kein öffentliches Interesse. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung erklärt in seiner Stellungnahme, der Beschwerdeführer sei eine lokale Person der Zeitgeschichte, über die in den letzten Jahren immer wieder ausführlich berichtet worden sei. So habe sich der Betroffene in der von der Stadt initiierten Arbeitsgruppe “Stadtmarketing” als einer der Sprecher engagiert. Unzweifelhaft sei die Berichterstattung über mehrere Geschäftsinsolvenzen von öffentlichem Interesse, da diese insbesondere Auswirkungen auf die Belegschaft, deren Familien und die Gläubiger hätten. Die Redaktion halte nach der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht des Betroffenen die Berichterstattung über die Privatinsolvenz des Beschwerdeführers für zulässig. Der Beschwerdeführer hafte auf Grund entsprechender Vereinbarungen mit den Banken als Geschäftsführer auch mit seinem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten seiner Kaufhäuser. Aus diesem Grund stehe sein persönliches Insolvenzverfahren in direktem Zusammenhang mit den Insolvenzen seiner Kaufhäuser. Die Öffentlichkeit sei davon insofern betroffen, als die örtliche Sparkasse neben anderen Gläubigern einen nicht unerheblichen Forderungsverlust erleide. Insoweit handele es sich nach Auffassung der Redaktion um eine zulässige Darstellung des Falles, die weder reißerisch noch in tendenziöser Form aufgemacht sei. Der verantwortliche Redakteur habe die Informationen einer allgemein zugänglichen Quelle entnommen. Es handele sich um die offizielle Website des Justizministeriums des Landes, auf der über eine Suchfunktion sämtliche Insolvenzgerichte – soweit sie dort eingestellt seien – abgefragt werden könnten. (2004)