Namen eines Strafgefangenen
Interesse an der Verwirklichung einer Resozialisierung missachtet
Eine Regionalzeitung informiert ihre Leserinnen und Leser, dass der sogenannte “Satansmörder von Sondershausen” eine vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis beantragt habe. Der Betroffene wird mit vollem Namen genannt. Der Artikel erinnert daran, dass der heute 29-Jährige 1993 einen 15-jährigen Mitschüler erdrosselt habe. Die Jugendstrafe von acht Jahren sei vorzeitig zur Bewährung ausgesetzt worden. Nach zwei weiteren Verurteilungen, u.a. wegen Zeigens des Hitlergrußes und der Verhöhnung seines Mordopfers, sei die Bewährung wieder aufgehoben worden. Als Quelle weist der Beitrag die Meldung einer Nachrichtenagentur aus. Der Vater des jungen Mannes beschwert sich, auch im Namen seines Sohnes, beim Deutschen Presserat. Durch die Nennung des vollen Namens würden die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verletzt. Dessen Interesse an einer Resozialisierung würden nicht berücksichtigt. Ein öffentliches Interesse an seiner Person bestehe auch nicht. Es sei allenfalls durch die Dauerberichterstattung hervorgerufen. Die Chefredaktion der Zeitung betont, sie habe sich bei der Aufnahme der bemängelten Meldung auf das gestützt, was renommierte und zuverlässige Agenturen zur Verwendung verbreitet hätten. Die Redaktion sei davon ausgegangen, dass der Inhalt der Meldung, also auch die Namensnennung, sorgfältig recherchiert und “abgeklopft” worden seien. Es entspreche auch nicht der gewöhnlichen Übung, Meldungen namhafter deutscher Presseagenturen nachzurecherchieren, solange diese nicht erkennbar diffamierende oder unwahre Inhalte enthielten. Die Redaktion bedauere die Auswirkungen der in gutem Glauben und im Vertrauen auf die Richtigkeit abgedruckten Agenturmeldung. Sie versichere, dass mit der Namensnennung keinesfalls die Resozialisierung des Beschwerdeführers gestört oder beeinträchtigt werden sollte. Auf Bitte um Aufklärung zu Herkunft und Verwendung der Agenturmeldung erläutert die Redaktion, dass zwei der von der Redaktion bezogenen Agenturen am Produktionstag über den Vorgang berichtet hätten, aber nur eine den vollen Namen des Betroffenen genannt habe. In den Artikel sei Material aus beiden Agenturmeldungen eingeflossen, durch ein Versehen aber nur eine der Agenturen genannt worden. (2005)