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Anonymisierung im Gerichtsbericht

Angeklagter fühlt sich durch Angaben zur Person identifizierbar

Wegen Amtsanmaßung hat sich ein Jurastudent vor Gericht zu verantworten. Die Zeitung am Ort berichtet über die Verhandlung. Als verschmähter Liebhaber habe der 25-Jährige versucht, seine frühere Freundin zurück zu erobern. Auf einem Computer der Universität habe er ein Schreiben mit dem Briefkopf “Kriminalpsychologischer Dienst beim Polizeipräsidenten Würzburg” verfasst und dieses seiner Angebeteten zugesandt. Im Brief sei sinngemäß zu lesen gewesen, dass ihr Verflossener von dieser Dienststelle als Opfer eines Gewaltverbrechens betreut werde. Um das traumatische Erlebnis besser aufarbeiten zu können, sei es sinnvoll, dass die Empfängerin sich mit Herrn W. “in lockerer Atmosphäre” zu einem Gespräch treffen würde. Den Brief habe der Student mit einem erfundenen Namen unterschrieben und diesen mit dem Zusatz “Diplom-Psychologe” versehen. Der Versuch sei wohl doch zu plump gewesen, denn die junge Frau sei nicht darauf herein gefallen. “Sie haben ja ´nen Knall”, habe der Vorsitzende des Gerichts festgestellt und das Verfahren im Einvernehmen mit der Staatsanwältin und mit dem Angeklagten wegen Geringfügigkeit gegen Zahlung einer Geldbuße von 150 Euro eingestellt. Der Artikel nennt den Namen des Angeklagten nicht, umschreibt ihn allerdings als “Konrad W. (Name geändert)”. Sein Alter wird genannt, er wird als angehender Jurist im zehnten Semester bezeichnet, der sein Studium überwiegend durch nebenberufliche Tätigkeit bei einem Rettungsdienst finanziere. Der Betroffene wehrt sich gegen den Gerichtsbericht durch eine Beschwerde beim Deutschen Presserat. Er sei so detailliert beschrieben, dass eine eindeutige Identifizierung seiner Person nicht nur möglich, sondern auch tatsächlich erfolgt sei. Die Angaben von Alter, Fachsemester, Universität, Stadt und Nebentätigkeit trügen nach seiner Ansicht nicht zum Verständnis des Vorganges bei. Mit der Veröffentlichung werde sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Eine derartige Identifizierung könne auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass die Informationen in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung erörtert worden seien. In Anbetracht der Tatsache, dass das Verfahren eingestellt worden sei, die Verhandlung nicht einmal zehn Minuten gedauert und von der Straftat nur eine “Bagatelle” im Raum gestanden habe, habe kein öffentliches Interesse daran bestanden, seine Person derart detailgetreu und unreflektiert zu beschreiben. Der Chefredakteur der Zeitung erklärt in seiner Stellungnahme, das öffentliche Verfahren gegen den Beschwerdeführer habe die Redaktion wegen seiner Besonderheit interessiert. Ein nicht ganz unerfahrener Jura-Student begehe eine ziemliche Dummheit aus Liebeskummer, die ihn vor Gericht bringe. Die Zeitung habe den Namen geändert und auf die übrigen Sachverhalte hingewiesen, soweit sie zum Verständnis des Vorganges und des Urteils notwendig gewesen seien. (2005)