Entscheidungen finden

Verurteilten Mörder beim Namen genannt

Dreißig Jahre nach der Tat Persönlichkeitsrechte verletzt

“Aus Habgier ganze Familie getötet” – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über einen fast dreißig Jahre zurückliegenden Mord an einer Bankiersfamilie. In dem Beitrag wird der verurteilte Täter und Beschwerdeführer namentlich genannt. Er wendet sich an den Deutschen Presserat, weil durch die volle Namensnennung seine Resozialisierung gefährdet sei. Die Nennung seines Namens sei für das Verständnis des Artikels nicht erforderlich gewesen. Der Chefredakteur der Zeitung beruft sich auf die Annahme, dass der Beschwerdeführer angesichts der gegen ihn verhängten Strafen wohl nie mehr aus der Haft entlassen werde. Er verweist auf eine Veröffentlichung der Polizei, in der der volle Name des Inhaftierten genannt worden sei. Überdies sei der beanstandete Artikel Bestandteil einer Ankündigung einer Buchveröffentlichung mit dem Titel “Dem Verbrechen auf der Spur” und einer gleichzeitig anlaufenden Hörfunk-Reihe gewesen. Diese hätten dokumentarischen Charakter. Der Chefredakteur beruft sich außerdem auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Danach gilt der Grundsatz, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht Straftätern keinen Anspruch darauf vermittelt, in der Öffentlichkeit nach einer gewissen Zeit überhaupt nicht mehr mit ihrer Tat konfrontiert zu werden. (2006)