Streit um Gegendarstellungen
Kritisierter Kommentar stützt sich tadelsfrei auf Tatsachen
Eine Straßenbahn AG und ihr ehemaliger Vorstandsvorsitzender liegen im Rechtsstreit. Die örtliche Regionalzeitung nimmt dies zum Anlass, in einem Kommentar auf ein “kostenträchtiges Beschäftigungsprogramm für Anwälte” hinzuweisen. Der Autor bezieht sich auf eine von der Straßenbahn AG gegen die Zeitung erwirkte Gegendarstellung. Dabei bezweifelt er, dass es der Firma, die als Beschwerdeführerin beim Deutschen Presserat auftritt, nur um die Richtigstellung vermeintlich falscher Darstellungen gegangen sei. Er behauptet, die begehrten inhaltlichen Korrekturen seien eher banal, und mutmaßt, es gehe der Beschwerdeführerin eher darum, die für die Stadtoberen und die Beschwerdeführerin nicht immer erfreuliche Berichterstattung der Zeitung zu diskreditieren und zu disziplinieren. Eine Gegendarstellung habe man lediglich gedruckt, weil man es nicht habe verantworten wollen, dass weiterhin unsinnig Geld ausgegeben werde, das am Ende vom Steuerzahler berappt werden müsse. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Berichterstattung über die Gegendarstellung. Zwar habe die Zeitung diese abgedruckt, sie jedoch gekürzt und geändert. In der gleichen Ausgabe habe der Chefredakteur der Zeitung die Gegendarstellung auf eine Art und Weise kommentiert, die deren Sinn und Zweck in ihr Gegenteil verkehre und die Rechte der Beschwerdeführerin gezielt vereitle. Diese sieht darin einen Verstoß gegen das Landespressegesetz. Mit einem weiteren Gegendarstellungsverlangen sei die Zeitung genauso unverantwortlich umgegangen. Statt die Gegendarstellung abzudrucken, habe das Blatt einen weiteren Artikel veröffentlicht. Diese Praxis missachte das Gegendarstellungsrecht der Betroffenen. Der Chefredakteur der Zeitung vertritt die Auffassung, dass die Straßenbahn AG Fragen des Gegendarstellungsrechts mit Grundsätzen des Pressekodex unzulässig vermische. Mit ihrem Vorwurf gegen den Kommentar versuchten die Anwälte der Gegenseite durch Verschweigen der ganzen Wahrheit und durch falsche Aussagen, den Presserat hinters Licht zu führen. Die Beschwerdeführerin verschweige u. a. einen Gewinn- und Verlust-Übernahmevertrag, wonach sämtliche Verluste der Straßenbahn AG von der städtischen Holding zu tragen seien. Für Gewinne und Verluste stehe daher immer der städtische Haushalt ein, also der Steuerzahler. Auf diese Fakten sei die Berichterstattung der Zeitung gestützt. Ein Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex sei daher nicht begründbar. Auch ein Verstoß gegen Ziffer 3 des Pressekodex (Richtigstellung) liege nicht vor. Soweit die Beschwerdeführerin behaupte, von ihr angestrengte Gegendarstellungen gäben die Wahrheit wieder, während die Berichterstattung der Zeitung falsch sei, sei dies unzutreffend. Die Redaktion habe in allen Punkten, die sich auf die Gegendarstellungen bezogen hätten, korrekt berichtet. Auch ein Verstoß gegen Ziffer 6 des Pressekodex (Glaubwürdigkeit der Medien) sei nicht ersichtlich. Der Chefredakteur bezweifelt, ob der Presserat dafür zuständig sei, mutmaßliche Verstöße gegen das jeweilige Landespressegesetz zu ahnden. (2006)