Fotoveröffentlichung in Absprache
Mutter des toten Kindes will mit Fotos alle Eltern sensibilisieren
Unter der Überschrift “Das perverse Geständnis von Jessicas Killer” schildert eine Boulevardzeitung den Mord an einem sechsjährigen Mädchen. Dem Beitrag sind zwei Bilder des Opfers beigestellt. Eines davon zeigt das tote Kind im offenen Sarg mit seiner Lieblingspuppe im Arm. Im Text gesteht der mutmaßliche Täter, das “vorbestrafte Monster”, wie ihn die Zeitung nennt, Einzelheiten seiner Tat. Eine Leserin stößt sich daran, dass in dem Artikel detailliert Quälereien beschrieben werden, die absolut nichts mit objektiver Berichterstattung zu tun hätten. Sie beschwert sich beim Deutschen Presserat. Mit dem Bild des Mädchens im Sarg werde das Opfer in seiner Würde verletzt und die Hinterbliebenen würden erneut belastet. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt in ihrer Stellungnahme, die Berichterstattung über Fälle von Kindesmissbrauch stoße auf ein öffentliches Informationsinteresse. Eltern würden dadurch sensibilisiert, ihre Kinder durchgehend zu beaufsichtigen und sie auf Gefahren hinzuweisen. Diese Auffassung, gerade im Hinblick auf eine detaillierte und realistische Berichterstattung, werde auch von der Mutter des getöteten Kindes geteilt. Die Veröffentlichung sei in Absprache mit ihr und ihrer Anwältin erfolgt. Die Mutter habe das strittige Foto auch ins Internet gestellt und gebe dazu detailliert Auskunft über die an ihrer Tochter begangenen Straftat. Darüber hinaus trete sich regelmäßig im Fernsehen auf, um über das Unglück zu berichten. Die Mutter habe sich bei der Redaktion im Anschluss an die Berichterstattung für den Beitrag bedankt. Von einer Verletzung presseethischer Grundsätze könne also keine Rede sein. (2004)