Richtigstellung falscher Überschrift
Keine Anklage, aber Strafanzeige wegen Verdachts der Untreue
Eine Regionalzeitung meldet unter der Überschrift „Anklage wegen Untreue“, mit keinem einzigen städtischen Unternehmen habe sich die Staatsanwaltschaft öfter befassen müssen als mit den Verkehrsbetrieben. Im jüngsten Ermittlungsverfahren habe sich der Verdacht ergeben, dass es Betriebsratsmitgliedern mit SPD- und Gewerkschaftsbuch besser gehe als „normalen“ Mitarbeitern. Mit dem Hinweis, man könne alle Belege schnell beibringen, habe die Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil des Unternehmens vorliegen. Genannt seien gleich vier Namen mit ladungsfähigen Anschriften. Drei Tage später teilt die Zeitung ihren Leserinnen und Lesern unter Bezugnahme auf die Erstveröffentlichung unter der Überschrift „Keine Anklage wegen Untreue“ mit, ihre Meldung bedürfe der Richtigstellung. Es sei keine Anklage wegen Untreue erhoben, sondern lediglich eine Strafanzeige wegen Untreue gestellt worden. Die Unternehmenskommunikation der Gesellschaft bekundet dem Deutschen Presserat, es sei falsch, dass gegen das Unternehmen Anklage wegen Untreue erhoben worden sei. Weiterhin sei es nicht korrekt, dass der Staatsanwaltschaft zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beitrages eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue vorgelegen habe. Dies habe der Sprecher der Staatsanwaltschaft gegenüber dem Anwalt der Verkehrsbetriebe betont. Zudem sei die Behauptung, mit keinem einzigen Unternehmen müsse sich die Staatsanwaltschaft öfter befassen, nicht zur Veröffentlichung in einem nachrichtlichen Artikel geeignet. Wenn überhaupt, könne man sie höchstens als Meinung äußern. Auf Anfrage teilt die zuständige Staatsanwaltschaft dem Presserat mit, dass bei ihr zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eine anonyme Anzeige zum Thema des Artikels vorgelegen habe. Es stimme, dass in den letzten Jahren eine Reihe von Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter des Unternehmens oder im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Verkehrsbetriebe im weitesten Sinne geführt worden seien. Der Chef vom Dienst der Zeitung räumt ein, dass die Überschrift der Erstveröffentlichung falsch gewesen sei. Der Fehler sei Folge eines bedauerlichen redaktionellen Versehens gewesen. Aus dem Inhalt des Artikels ergebe sich aber eindeutig, dass keine Anklage, sondern eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue gemeint sei. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe tatsächlich eine Anzeige vorgelegen. Dies habe der Sprecher der sehr großen örtlichen Staatsanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst. Die Äußerung des Autors über die Häufigkeit der Ermittlungsverfahren enthalte Elemente eines zulässigen Werturteils. (2004)