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Kolumne mit einer überspitzten Sprache

Autor bezeichnet Kindesmörder als “Arschloch” und “Schwein”

In der Kolumne einer Boulevardzeitung geht es um einen verurteilten Kindermörder und die von diesem beabsichtigte Gründung einer Stiftung für misshandelte Kinder. Der Autor bezeichnet den Täter als “Arschloch” und “Schwein”. Die Rechtsvertretung des verurteilten Mörders sieht in der Veröffentlichung eine Schmähkritik und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Aussagen dienten ausschließlich der Herabwürdigung des Verurteilten. Sie verletzten seine Menschenwürde und seine Ehre. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, die Wertungen des Autors bewegten sich im Rahmen der Meinungsfreiheit. Es sei bekannt, dass die Kolumne scharf sei und sich einer überspitzten Sprache bediene. Stilmittel des Autors sei die politische Unkorrektheit. In dem angegriffenen Beitrag gehe es um eine Auseinandersetzung in der Sache und nicht um die Diffamierung einer Person. Der Täter füge der Verwerflichkeit seines Mordes an einem Kind eine weitere Stufe hinzu, indem er seine traurige Popularität und seine Straftat nutze, um sich zum Gutmenschen zu stilisieren. Er benutze den Mord an dem Kind für seine Selbstdarstellung. Diese Art der Selbstinszenierung kommentiere der Autor mit den schärfsten Stilmitteln, die die deutsche Sprache biete. Die Grenze zur Schmähung werde jedoch nicht überschritten. Die gewählten Bezeichnungen könnten in Einzelfällen Formalbeleidigungen darstellen. Ob sie dies letztendlich seien, entscheide sich immer anhand der Gesamtäußerung. (2006)