Berlin lässt sich nicht erpressen
Bericht zum Entführungsfall Susanne Osthoff war zulässig
“Wir lassen uns nicht erpressen” überschreibt eine Boulevardzeitung ihren Bericht über eine Stellungnahme von Bundeskanzlerin Merkel zum Fall der im Irak als Geisel verschleppten Susanne Osthoff. In der Unterzeile heißt es: “Sprach Merkel schon das Todesurteil für Susanne Osthoff?” Im Text wird die Bundeskanzlerin zitiert: “Diese Bundesregierung, und ich denke auch dieses Parlament – wir lassen uns nicht erpressen”. Die Zeitung kommentiert den Satz mit den Worten: “Das könnte das Todesurteil für Susanne Osthoff sein”. Die Beschwerdeführerin, die den Deutschen Presserat einschaltet, ist der Meinung, dass mit den Feststellungen zum möglichen “Todesurteil” die Grenze des Respekts vor dem Leid des Opfers und den Gefühlen der Angehörigen überschritten sei, wenn diese lesen müssten, dass die Bundeskanzlerin ihre Tochter schon abgeschrieben habe. Zudem sei es ehrverletzend für die Bundeskanzlerin, wenn in dem Bericht darüber spekuliert werde, ob die Regierungschefin möglicherweise ein “Todesurteil” gesprochen habe. Die Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Die Redaktion habe den Sachverhalt sachlich dargestellt. Im Text werde berichtet, dass Frau Merkel bekräftigt habe, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, die Geisel und ihren Fahrer zu retten. Es sei aber auch über die Haltung der Bundesregierung berichtet worden, sich nicht erpressen zu lassen. Zulässigerweise sei daraus die realistische Schlussfolgerung “Das könnte das Todesurteil für Susanne Osthoff sein” erfolgt. (2005)