Als irakische Staatsangehörige vorgestellt
Nennung der ethnischen Zugehörigkeit ist nicht erlaubt
“Gegenüberstellung im Gericht: Seniorin erkennt Betrüger” – so überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über einen Prozess, in dem es um einen Betrug an einer 83-jährigen Frau geht. Die beiden Angeklagten hätten sich ihr als irakische Staatsbürger vorgestellt und sie überredet, ihnen Geld für einen Devisenumtausch zu überlassen. In dem Artikel heißt es: “Angeklagt wurden Zenon D. (32) und sein Schwager Roger D. (20), Sinti und Roma aus Bremen, wegen Betruges beziehungsweise versuchten Betruges.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Einen Verstoß gegen den Pressekodex vermag sie nicht zu erkennen. Die Zugehörigkeit der beiden Angeklagten zu einer ethnischen Minderheit sei aus zweierlei Gründen für das Verständnis des Berichtes entscheidend. Zum einen bleibe ansonsten für den Leser die Frage offen, warum die Geschädigte den Angeklagten die behauptete irakische Herkunft abnahm. Zum anderen sei es im Gerichtssaal zu einer Gegenüberstellung der beiden Angeklagten und weiterer Personen aus dem Gerichtssaal gekommen, die naturgemäß ebenfalls der ethnischen Minderheit angehören mussten. Die Gegenüberstellung sei erforderlich geworden, weil die Angeklagten vorgegeben hätten, Opfer einer Verwechslung zu sein. Ohne die Erwähnung dieser Umstände und damit auch der Zugehörigkeit der Beteiligten wären die Vorgänge im Gerichtssaal unverständlich gewesen. Die Nennung der Zugehörigkeit zur Personengruppe der Sinti sei daher sachlich geboten gewesen. (2005)