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“Da braucht keiner mehr gucken”

Medizinischer Dienst bestreitet vom Ehemann erhobene Vorwürfe

“Arzt: ´Sie sind gesund´ - Frau starb” titelt eine Boulevardzeitung über den Tod einer 49-jährigen Frau und zwei Gutachten einer Mitarbeiterin des Medizinischen Dienstes, die eine Einstufung der Frau in die Pflegestufe 2 ablehnte. In dem Artikel heißt es, dass die Gutachterin dokumentiert habe, dass nach der Frau “keiner mehr gucken braucht”. Weiterhin wird aus einem Gutachten zitiert: “…bei Rumpfbeugen kann sie die Fersen erreichen, ist freihändig stehfähig.” In dem Beitrag kommt auch der Sprecher einer Krankenkasse zu Wort, wonach es bei Pflegefall-Entscheidungen schon häufiger Probleme mit den Gutachtern gegeben habe. Der Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes beanstandet die Berichterstattung und ruft den Deutschen Presserat an. Die genannten Formulierungen seien in dem Gutachten nicht enthalten und auch sinngemäß nicht zu rechtfertigen. Im Gegenteil sei im Zweitgutachten beschrieben worden, dass die Frau nach wie vor einer Hilfe in der Grundpflege bedürfe. Weder im Erst- noch im Zweitgutachten sei das Zitat von den Rumpfbeugen enthalten. Schließlich sei dem Medizinischen Dienst bzw. der Gutachterin von der Zeitung keine Möglichkeit zu einer Stellungnahme eingeräumt worden. Der Geschäftsführer erklärt abschließend, die Behauptung der Redaktion, die Ablehnung der Pflegestufe 2 sei Ursache für den Tod der Frau, sei völlig aus der Luft gegriffen. Die Rechtsabteilung der Zeitung vermisst in der Beschwerde des Medizinischen Dienstes eine avisierte Erklärung der Gutachterin, dass sie die ihr zugeschriebenen Äußerungen so nicht gemacht habe. Die Angehörigen der begutachteten Frau blieben hingegen bei den Darstellungen, die gegenüber der Autorin des Beitrags gemacht worden seien. Die Autorin sei sich nach wie vor sicher, dass sie die Informationen ihrer Informanten, so auch des Pressesprechers der Krankenkasse, korrekt wiedergegeben habe. (2005)