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Testbericht

Kriterien der Auswahl von Laboren werden nicht genannt

Eine Testzeitschrift behandelt das Thema “Vaterschaftstests”. Sie hat ihrerseits die Labore getestet, die solche Untersuchungen durchführen und Abstammungsgutachten anfertigen. Das Ergebnis sei erschütternd. Von elf Laboren erhielten neun das Gesamturteil “ungenügend”. Die Arbeit eines Labors wurde als befriedigend bezeichnet. Ein anderes wurde nicht bewertet. Bewertet wurden die Gutachten von einem Wissenschaftler, der Laborleiter eines Instituts für Blutgruppenforschung und gleichzeitig Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Sachverständigen für Abstammungsgutachten ist. Die beiden Geschäftsführer des Labors, das nicht bewertet worden ist, beschweren sich beim Deutschen Presserat und weisen darauf hin, dass der in der Zeitschrift als neutral und unabhängig dargestellte Gutachter in Wirklichkeit nicht nur Laborleiter, sondern auch Gesellschafter eines privaten Instituts sei, das wie die untersuchten Unternehmen seit Jahren in scharfem Wettbewerb stehe. Die Zeitschrift gebe also dem Gesellschafter und Laborleiter des privatwirtschaftlich tätigen Instituts Gelegenheit, sich auf der Basis zweifelhafter moralischer Vorstellungen und falscher wissenschaftlicher Aussagen ungehindert selbst zu inszenieren, seine Mitbewerber herabzusetzen und sich damit einen erheblichen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Der Markt für Anbieter von Vaterschaftsbegutachtungen teile sich in zwei Gruppen. Die eine bestehe aus Anbietern, die sich in der Interessengemeinschaft der Sachverständigen für Abstammungsgutachten in Deutschland organisiert hätten. Labore, die diesem Verein nicht angehören, bildeten die andere Gruppe. Bemerkenswert sei vor diesem Hintergrund, dass ausschließlich solche Labore der Testung unterzogen worden seien, die nicht der Vereinigung angehörten. Das Test-Design sei so gewählt worden, dass alle teilnehmenden Labore, also Mitbewerber des Testers, die nicht seinem Verein angehörten, weder mit “sehr gut” noch mit “gut” bewertet werden konnten. Denn obwohl es keine gesetzliche Regelung gebe, die es Privatleuten verbiete, einen Vaterschaftstest in Auftrag zu geben, bewerte es die Zeitschrift negativ, wenn ein solcher privater Auftrag ohne Identitätsnachweise angenommen worden sei. Ebenso werde es negativ bewertet, wenn der Test ohne Einbeziehung der Mutter erfolgt sei. Laut Urteil des Landgerichts München I bestehe jedoch ein anerkennenswertes Interesse des möglichen biologischen Vaters, die Abstammung durch einen wenig belastenden heimlichen Test klären zu lassen. Dieser sei folgerichtig zulässig. Den aus diesen Testkriterien resultierenden negativen Beurteilungen liege somit eine rein subjektive moralische Haltung zu Grunde. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift hält die Beschwerde für unbegründet, da nach der ständigen Rechtsprechung aller einschlägig befassten Obergerichte und des BGH die Auswahl der Sachverständigen sich an den Kriterien der Sachkunde zu orientieren habe. Die Redaktion habe sich durch Recherche im Internet mit den publizierten Sachverständigen befasst und daraus den genannten Laborleiter ausgewählt. Es sei nicht erkennbar, inwieweit die Redaktion damit ein Auswahlverschulden treffen könne. Der Redaktion liege fern, in den Wettbewerb irgendwelcher Labors eingreifen zu wollen. (2003)