Verbindungen auffällig, aber nicht anstößig
Zeitung verzichtete auf angreifbare Behauptungen
Eine Regionalzeitung veröffentlicht drei Artikel und einen Leserbrief über einen Fall von Kinderprostitution. Sie setzt sich kritisch mit der Rolle der Behörden und einiger ihrer Mitarbeiter auseinander. Der Trägervereinsvorsitzende des Kinderheims, in dem fünf der sechs betroffenen Mädchen untergebracht sind, ist Sohn der vormaligen Jugendamtsleiterin, die Schwiegertochter arbeitet dort als pädagogische Fachkraft. Eine derzeitige Sachbearbeiterin im zuständigen Jugendamt war früher Erzieherin im Heim, die psychologische Betreuerin eines der Kinder ist die Tochter der früheren Jugendamtsleiterin. So heißt es in dem Artikel: “Die mitunter verwandtschaftlichen Verbindungen mach Beteiligter, die Nähe von Amt und Heim, sie mögen auffällig sein, aber nicht anstößig. Fragen unserer Zeitung wollten sich die frühere Jugendamtsleiterin und ihre Tochter nicht stellen. Die Bitte um ein Gespräch lehnt stellvertretend ihre Anwältin ab.” Die Beschwerdeführerin – es handelt sich dabei um die frühere Jugendamtsleiterin – beanstandet, dass in der Berichterstattung Interessenkollisionen, Amtsmissbrauch und Vorteilsnahme suggeriert würden. Die Zeitung konstruiere persönliche Verquickungen und berichte sensationswirksam. Diverse Äußerungen seien unbedacht und problematisch, da sie eine unnötige Belastung der Kinder darstellten. Die sie unmittelbar betreffenden Passagen seien herabwürdigend, beleidigend und ehrverletzend. Die Frau wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion steht auf dem Standpunkt, es sei legitim zu thematisieren, dass die Beschwerdeführerin als Sachbearbeiterin im Jugendamt mit dem Fall befasst blieb. Sie beanstandet überdies, dass das Landratsamt offensichtlich Korrespondenzen mit der Zeitung unerlaubterweise an die Beschwerdeführerin weitergeleitet habe. (2006)