Terror in Europa
Foto zeigt mehrere Opfer des Bombenanschlags in Madrid
Unter der Überschrift “So feige! So sinnlos! Ihr Mörder!” zeigt eine Boulevardzeitung ein großes Farbfoto, auf dem mehrere Opfer der Bombenanschläge auf vier Pendlerzüge am 11. März 2004 in Madrid zu sehen sind. Ein Fotograf fühlt sich durch die Grausamkeit des Fotos persönlich angegriffen und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Man habe keine Möglichkeit, sich diesem Bild zu entziehen, da die Zeitung publikumswirksam direkt an der Kasse ausgelegt worden sei. Der Beschwerdeführer spricht sich dafür aus, auf solche Fotos künftig zu verzichten, da sie für Kinder und weniger nervenstarke Betrachter schlimme Folgen haben könnten. Der Informationspflicht der Presse könne auch mit weniger drastischen Bildern Genüge getan werden. Die abgebildeten Opfer und deren Angehörige hätten leider keine Chance, sich gegen Veröffentlichungen dieser Art zu wehren. Der Chefredakteur der Zeitung weist die Beschwerde zurück. Das Foto zeige blutende und geschockte Personen, jedoch nicht einmal besonders schwerwiegende Verletzungen. Zudem dokumentiere das Foto die Folgen des ersten Anschlags der islamischen Terrororganisation Al-Quaida in einem Land Westeuropas und somit ein Ereignis von überragender zeitgeschichtlicher Bedeutung. Nach dem Anschlag von Madrid sei jedem klar, dass der islamische Terror auch in Europa jeden in Mitleidenschaft ziehen könne. Alle Medien hätten das so gesehen und alle Zeitungen, die auf der Titelseite mit Fotos arbeiten, hätten das selbe oder ein ähnliches Foto als Aufmacher gebracht. Dass das beanstandete Foto für Kinder “schlimme Folgen” habe, wie der Beschwerdeführer meine, scheine angesichts dessen, was im Fernsehen auch schon am Nachmittag zu sehen sei, mehr als fraglich. Doch seien Zeitungen auch keine Unterhaltungslektüre für Kinder und Jugendliche, sondern Informationsträger, welche auch über die dunklen Seiten dieser Welt berichten müssten. Dass einige daran zuweilen Anstoß nähmen, lasse sich nicht vermeiden. Ein “vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt des Bürgers” sei jedoch, so das Bundesverfassungsgericht im Benetton-Urteil, kein Belang, zu dessen Schutz das Grundrecht der freien Meinungsäußerung eingeschränkt werden dürfe. (2004)