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Foto des Opfers nach der Entführung

Zur Fahndung war das Bild in Ordnung, danach aber nicht mehr

Eine überregionale Zeitung berichtet über einen Entführungsfall unter der Überschrift “Kritik an Polizei im Fall Stephanie”. Dabei geht es um vermeintliche Ermittlungspannen. Dem Artikel ist ein Bild beigestellt, das das 13-jährige Entführungsopfer ungepixelt und ohne Verwendung eines Gesichtsbalkens zeigt. Eine Leserin ist der Auffassung, dass das Mädchen nach seiner Befreiung so nicht hätte abgebildet werden dürfen, und ruft den Deutschen Presserat an. Ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei nicht erkennbar. Der Rechtsvertreter der Zeitung sieht in dem Abdruck des Bildes keinen Verstoß gegen den Pressekodex. Der Redaktion sei das Foto einen Tag nach der Befreiung des Mädchens von einer Nachrichtenagentur mit dem Hinweis angeboten worden: “Redaktionshinweis: Verwendung nur im Zusammenhang mit dem genannten Kriminalfall”. An diesen Redaktionshinweis habe sich die Zeitung strikt gehalten. Zum anderen sei Stephanies Bildnis einer breiten Öffentlichkeit bekannt gewesen, da es bereits von der Polizei während der Entführung mit dem Einverständnis der Eltern an die Medien gegeben und zu dem Zweck abgedruckt worden sei, durch mögliche Hinweise aus der Öffentlichkeit das Verbrechen aufzuklären. Auch andere Medien hätten das Foto unmittelbar nach der Entführung verwendet. Eine mangelnde Achtung vor dem Privatleben des Opfers sei bei diesem Sachverhalt nicht erkennbar. (2006)