Gewinnspiel einer Zeitung
Produkte einer Parfümeriekette werden vorgestellt und verlost
Auf der Seite “Extra” einer Boulevardzeitung präsentiert die Lifestyle-Expertin einer Parfümeriekette unter der Rubrik “Kosmetik-News” fünf Produkte ihres Unternehmens. Es handelt sich um eine Körperlotion, eine Körpercreme, ein Haarpflegemittel, ein Hautpflegemittel sowie ein Duftwasser. Es werden Merkmale und Preise genannt. Zu Beginn und zum Schluss wird darauf verwiesen, dass Leserinnen und Leser die vorgestellten Kosmetika gewinnen können. Zu diesem Zwecke ist eine 0190er-Telefonnummer angegeben. (In Klammern wird ein Firmenname genannt und erwähnt, dass jeder Anruf aus dem deutschen Festnetz 62 Cent pro Minute kostet). Im Vorspann wird erwähnt, dass Vorstellung und Verlosung jeden Sonntag stattfinden. Die Veröffentlichung löst zwei Beschwerden aus. Ein Leser bittet den Deutschen Presserat, gegen diese Veröffentlichung schnellstens etwas zu unternehmen. Er sieht in dem Beitrag eine unfaire Werbung gegenüber anderen Parfümeriegeschäften und echten Anzeigenkunden. Das rieche geradezu nach Bestechung der Redaktion oder einzelner Redakteure. Die angegebene Telefonnummer führe weder zu der Zeitung noch zu der genannten Parfümeriekette. Der Beschwerdeführer kritisiert schließlich, dass dem Verbraucher durch die angepriesene 0190er-Nummer höhere Kosten entstehen. Auch eine Leserin findet die hier praktizierte Werbung verwerflich. Fraglich sei auch die Verwendung der 0190er-Nummer, deren Missbrauch schon in vielen Publikationen angeprangert worden sei. Da die hier präsentierte Lifestyle-Expertin laufend auch in anderen Zeitungen erscheine, mal als Lebensgefährtin eines Feinkostlieferanten, mal als Pressesprecherin der Parfümeriekette, könne man doch fast schon darauf wetten, dass hier eine Bestechung von Redakteuren vorliege. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt in ihrer Stellungnahme mit, bei der Veröffentlichung handele es sich um ein Gewinnspiel der Zeitung. Dieses finde Woche für Woche unter Verwendung einer 0190er-Nummer statt. Im konkreten Fall seien Kosmetikartikel, die von der genannten Firma vorgestellt worden seien, verlost worden. Solche Gewinnspiele dienten der Werbung des Veranstaltenden. Somit handele es sich um eine Eigenwerbung der Zeitung und nicht um einen redaktionellen Text. Auch soweit der Eigenanzeigencharakter des Gewinnspiels mit einer Werbung des Sponsors verbunden sei, komme klar zum Ausdruck, dass es sich nicht um eine redaktionelle Veröffentlichung handele. Der Gewinnspielsponsor werbe als solcher nicht verdeckt, sondern offen durch die als solche benannte Lifestyle-Expertin. Auch die Tatsache, dass das Gewinnspiel sich nicht im redaktionellen Hauptteil, sondern in einem Service-Extrateil befinde, unterstreiche den werbenden Eindruck. Das Gewinnspiel werde von einer Firma im Auftrag des Verlages durchgeführt. Dieses sei ein normaler Vorgang, da ein Verlag in der Regel seine Gewinnspiele nicht mit eigenem Personal durchführen könne. Die Rechtsabteilung räumt ein, dass 0190er-Nummern vielfach missbräuchlich eingesetzt werden. Im Gewinnspiel der Zeitung sei dies jedoch nicht der Fall. Die Telefonkosten seien auf 62 Cent pro Minute beschränkt und bewegten sich damit in der Höhe des Preises für den Versand eines Briefes. Die erforderlichen Angaben seien ohne weiteres innerhalb einer Gesprächsminute möglich, so dass keine höhere Kostenlast auf den Anrufer zukomme. (2004)