Autofahrer tappen in die Radarfalle
Zeitungskommentar durch Freiheit auf Meinungsäußerung gedeckt
Die Radarüberwachung der Polizei auf einem Autobahnteilstück ist Thema eines Kommentars in einer Boulevardzeitung. Darin ist die Rede von “purer Abzocke”. “Ohne Vorwarnung” hätten die Behörden ein Tempo-80-Schild an den Straßenrand gestellt. Dort hätte es vorher keine Tempobeschränkung gegeben. Binnen 48 Stunden seien etwa 2000 Autofahrer in die Radarfalle getappt. Es sei eine nackte Gemeinheit, so der Kommentator, wenn man Pendlern auf ihrer gewohnten Strecke mit Tempolimits auflauere und “ohne jede Schonfrist” Geld und Führerscheine abkassiere. Der Beschwerdeführer, eine Blogger-Initiative, ist der Auffassung, dass der Kommentator den Eindruck erweckt, als sei an der Strecke vorher keine Geschwindigkeitsbegrenzung gültig gewesen. Dies sei aber falsch. Die Begrenzung habe vorher bei 100 km/h gelegen und sei dann auf 80 km/h gesenkt worden. Bei der Radaraktion seien nur Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von mehr als 100 km/h geblitzt worden. Eine Schonfrist habe es durchaus gegeben. Die Messungen hätten erst vier Wochen nach Änderung der Höchstgeschwindigkeit und der Aufstellung der entsprechenden Schilder begonnen. Außerdem sei erst nach dem dritten Schild geblitzt worden. Es sei also falsch, dass man die Autofahrer in eine Radarfalle habe tappen lassen. Der Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, dass man für den Kommentar die Freiheit der Meinungsäußerung in Anspruch nehme und hier vor allem das Recht, ein Thema zu überspitzen und plakativ zu überzeichnen. Kern der Kommentar-Kritik sei, dass durch eine falsche behördliche Maßnahme viel Geld nach Geschwindigkeitsübertretungen eingenommen werde, ohne dass die eigentliche Ursache für die Unfälle in diesem Bereich, nämlich die Straßenschäden, behoben würde. Dies werde von dem Beschwerdeführer ebenso wenig bestritten wie die Tatsache, dass eine große Zahl von Autofahrern in die Blitzfalle gegangen sei. Dass der Kommentar bei der zuständigen Behörde richtig verstanden worden sei, werde durch die Tatsache belegt, dass inzwischen eine Warnung “Achtung, Radarkontrolle!” als “Vorwarnung” eingerichtet worden sei. Das sei, so die Zeitung, ein Indiz dafür, dass die Behörden ihre Maßnahme nicht für geeignet hielten, das Grundproblem für die Unfälle zu lösen. (2006)