Meinungsäußerung im Leserbrief
Betroffene bestätigen Einschätzung und Bewertung des Autors
In einer Lokalzeitung erscheint ein Leserbrief, dessen Autor sich hauptsächlich für den heimischen Wochenmarkt einsetzt. Am Rande wird auch ein heimischer Verleger und Journalist erwähnt, dem vorgeworfen wird, in Grundzügen ausländerfeindliche Artikel zu schreiben und einen Pastor, dessen Verdienste um Pazifismus und Völkerverständigung man nicht hoch genug bewerten könne, mit permanenter Boshaftigkeit an den Pranger zu stellen. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat wirft der Betroffene der Zeitung vor, mit dem Leserbrief eine Diffamierungskampagne fortzusetzen. Beide Vorwürfe seien falsch. Er betreibe eine Werbeagentur und gebe ein Monatsmagazin heraus. Seit vielen Jahren gehörten viele Ausländer zu seinen Stammkunden. Der Leserbrief solle ihn als Kommunalpolitiker treffen und sein Ansehen in der Öffentlichkeit nachhaltig beschädigen. Die Beschwerde steht im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen des Besitzes pornografischer Schriften. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung erläutert, dass die Angriffe des Beschwerdeführers gegen den im Leserbrief benannten Pastor viele Jahre zurückliegen. Die Artikel seien nicht mehr greifbar, weil niemand das Anzeigenblatt des Beschwerdeführers, in dem besagter Pastor angegriffen worden sei, archiviere. Der betroffene Geistliche, der eine Dokumentationsstätte für Friedensarbeit aufgebaut habe, sei mittlerweile sehr krank, so dass die Redaktion ihn in dieser Angelegenheit nicht behelligen wolle. Eine der Mitstreiterinnen des Pastors, ehrenamtliche Ausländerbeauftragte der Stadt, bestätige aber, dass der Beschwerdeführer den Vorstand der Dokumentationsstätte persönlich diffamiert und als Kommunisten bezeichnet habe. Der Vorwurf, der Beschwerdeführer sei in Grundzügen ausländerfeindlich, wird von der Redaktion selbst als „gewagt“ bezeichnet. Man könne jedoch einer beigefügten Veröffentlichung entnehmen, dass er eine jüdische Buchautorin einmal als „inländerfeindliche“ Journalistin bezeichnet habe. Die Redaktion nennt schließlich Beispiele dafür, wie der Beschwerdeführer in seinem Blatt Menschen herabwürdige. Dass die Passage des Leserbriefes über den Beschwerdeführer erschienen sei, hält die Redaktion unabhängig von den angesprochenen Sachverhalten für einen Fehler. Sie habe keinen Bezug zu der Berichterstattung, auf die sich der Leserbrief anfänglich beziehe. Dass der Beschwerdeführer publizistisch und beim Presserat so unermüdlich für seine öffentliche Reinwaschung kämpfe, erscheine der Redaktion angesichts der Sachlage kühn. (2004)