Der Ermordeten ins Gesicht fotografiert
Bekannte Reporterin war und ist keine Person der Zeitgeschichte
Eine Regionalzeitung druckt im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ereignisse im Irak ein Foto der ermordeten Al-Arabija-Reporterin Atwar Bahjat. Das Foto zeigt die tote Reporterin, wobei ihr Oberkörper, ihr Kopf und eine Hand zu sehen sind. Im Gesicht, an der Hand und am Ärmel klebt Blut. Die Unterzeile lautet: “Ermordet: die bekannte Al-Arabija-Reporterin Atwar Bahjat”. Eine Leserin hält die Veröffentlichung des Fotos für überflüssig. Auch die Tatsache, dass es sich bei der Toten um eine bekannte Reporterin handle, rechtfertige die Veröffentlichung nicht. Sie ruft den Deutschen Presserat an. Das Foto – so die Beschwerdeführerin – stelle Gewalt und Brutalität unangemessen sensationell dar und verstoße damit gegen Ziffer 11 des Pressekodex. Außerdem sei die Namensnennung zu Unrecht erfolgt – ein Verstoß gegen Ziffer 8. Die Zeitung sieht in der Veröffentlichung des Fotos keinen Verstoß gegen den Pressekodex. Dieses sei als Dokument für die entsetzlichen Zustände im Irak zu werten. Das Foto führe dem Leser nachhaltig vor Augen, welches Ausmaß die Anschläge im Irak hätten. Das Bild überschreite nicht die Grenzen der unangemessen sensationellen Darstellung von Gewalt. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege in diesem Fall gegenüber dem sittlichen Empfinden Einzelner. (2006)