Foto einer verurteilten Sexualstraftäterin
Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt Persönlichkeitsrecht
Eine Boulevardzeitung berichtet über das Strafverfahren gegen eine Ärztin, die im Banne eines 45-jährigen Sex-Sadisten zu allem bereit gewesen sei. Die Medizinerin habe sich nach Ansicht des Gerichts auch selbst als brutale Sadistin betätigt und ein 13-jähriges Mädchen tagelang ans Bett gefesselt, damit ihr Liebhaber anstellen konnte, was er wollte. Die Folter-Ärztin sei jetzt zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Die Zeitung nennt den Vornamen, den Anfangsbuchstaben des Familiennamens und das Alter der beiden Betroffenen. Nur der Vorname des Opfers wurde geändert. Dem Artikel beigestellt sind klar erkennbare Bilder des Paares. Der Anwalt der Ärztin wendet sich in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat gegen die Veröffentlichung des Fotos. Der Autor des Beitrages sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass ein Einverständnis mit einer Bildberichterstattung nicht bestehe. Die Abbildung der Beschwerdeführerin habe zwischenzeitlich zu einer fristlosen Kündigung ihrer Arbeitsstelle geführt. Zudem sei durch den Bericht die Unschuldsvermutung, die bis zur Rechtskraft einer Verurteilung wirke, missachtet worden. Die Chefredaktion der Zeitung betont, während des laufenden Prozesses sei sorgfältigst darauf geachtet worden, dass die Angeklagte nur unkenntlich in der Zeitung abgebildet wird. Nach ihrer Verurteilung habe man diese Rücksichtnahme als nicht mehr notwendig erachtet, da es sich bei der Tat nicht um ein Kavaliersdelikt, sondern um einen äußerst brutalen Kindesmissbrauch gehandelt habe. Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig sei, halte die Redaktion es wegen der erdrückenden Beweislage für unanfechtbar. Zudem sei der Berichterstatter vom Anwalt der Beschwerdeführerin lediglich gebeten worden, am Tag der Urteilsverkündung keine Bilder zu machen. Daran habe er sich gehalten. (2004)